Wasser:Schneebälle aus dem All

Neueste Studien zeigen: Auch auf Asteroiden gibt es Eis. Vielleicht waren sie und die Kometen, "Schmutzigen Schneebälle" genannt, einst die Wasserlieferanten der Erde.

Henning Pulss

Eigentlich wäre es ein schöner Schöpfungsmythos: Gott war ein ungezogener Schuljunge, der immer wieder große Schneebälle auf die noch junge Erde warf, welche schmolzen und die Ozeane füllten.

Gabriel Pérrez, Servicio MultiMedia Instituto de Astrofisica de Canarias Tenerife Spain

Neue Studien zeigen, dass Asteroiden und Kometen die Erde mit Wasser versorgt haben könnten.

(Foto: Foto: Gabriel Pérrez, Servicio MultiMedia Instituto de Astrofisica de Canarias Tenerife Spain)

Tatsächlich postulieren seit längerem einige Wissenschaftler etwas Ähnliches. Sie vermuten, dass das Wasser der Erde ursprünglich von Himmelskörpern aus dem All auf den Planeten gebracht wurde.

Unabhängige Studien zweier Forschungsteams aus Universitäten in Florida und Maryland unterfüttern diese Theorie nun mit neuen Daten: Sie wiesen erstmals Eis auf einem Asteroiden nach (Nature, online); bisher kannte man solches nur von Kometen.

Die neuen Studien könnten mehr Licht in eine seit langem geführte Debatte bringen: Wie ist es gekommen, dass die Oberfläche des blauen Planeten zu 71 Prozent mit Meeren, Seen und Flüssen bedeckt ist?

Vielleicht kam das Wasser auch aus dem Erdinneren

Solch ein Wasservorkommen ist einzigartig im Sonnensystem. Ursprünglich dachten Wissenschaftler, dass das viele Wasser wohl aus dem Innern der Erde gekommen sein muss.

Dieser Theorie zufolge hat sich das Wasser bereits bei der Entstehung der Erde in ihrem Inneren gesammelt. Als sich vor einigen Milliarden Jahren die Erde aus stellarem Staub formte, trug dieser die nötigen Wasserstoff- und Sauerstoffatome in sich.

Später haben sich dann Vulkane an der erkaltenden Erdoberfläche gebildet, woraufhin die Erde das Wasser wieder ausgeschwitzt haben könnte. Es sammelte sich als Dampf in der Atmosphäre und füllte schließlich, als die Erde weiter abkühlte, als jahrelanger Regen die Weltmeere.

Viele Wissenschaftler sind jedoch der Meinung, dass das Wasser aus dem Erdinneren nicht ausreiche, um die enormen Vorkommen zu erklären. Darum wenden sie ihre Blicke zum Himmel.

"Schmutzige Schneebälle"

Dort waren in der Frühzeit des Sonnensystems viele Kometen unterwegs. Astronomen nennen diese Himmelskörper auch "schmutzige Schneebälle", da ihre Kerne aus Eis und Gestein bestehen.

Es gibt aber auch Einwände: Ulrich Christensen vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau etwa gibt zu bedenken, dass von den bisher untersuchten Kometen nur wenige die gleichen Anteile schweren und leichten Wassers hatten, die sich in irdischen Gewässern finden.

"Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte", resümiert der Astronom. "Ein Teil des Wassers war schon da, der andere kam später dazu."

Schon länger zogen Wissenschaftler deshalb neben Kometen auch Asteroiden als Wasserlieferanten in Betracht. Diese sind im Gegensatz zu den schmutzigen Schneebällen aus solidem Gestein und kreisen meist in fester Umlaufbahn um die Sonne.

Eigentlich galten sie bislang als trockene Himmelskörper. Doch die neuen Studien zeigen nun zum ersten Mal mit Hilfe von Spektralanalysen Wasser auf dem Asteroiden 24 Themis. Dieser ist mit 198 Kilometer Länge einer der größten Gesteinsbrocken im Asteroidengürtel und offenbar eine üppiges Wasserreservoir im All.

"Die Erde hat ihr Wasser gut festgehalten"

Unklar ist aber auch, warum gerade die Erde ein blauer Planet geblieben ist. Astronom Christensen drückt es so aus: "Die Erde hat ihr Wasser gut festgehalten."

Die Venus beispielsweise hatte früher ebenfalls große Wasservorräte, die jedoch fast vollständig ins Weltall verdampften. Neue Erkenntnisse könnte die Suche nach fremden Planeten mit extraterrestrischem Leben helfen, denn schließlich entwickelte sich in den Ozeanen das erste Leben.

"Wenn man die Voraussetzungen für flüssiges Wasser kennt, weiß man, wo man am ehesten schauen muss", sagt Christensen. Wenn die Sonde Rosetta, die zurzeit im All unterwegs ist, den nächsten Kometen ansteuert, wird man vielleicht mehr erfahren.

Befürworter der Kometentheorie haben soeben im unterfränkischen Hettstadt Bestätigung gefunden. Vor zwei Tagen schlug dort ein zwanzig Kilogramm schwerer Eisbrocken in einen Garten ein, vielleicht Überreste eines Eismeteors. Es wäre zwar kein riesiger Schneeball, der einen Ozean füllen könnte, aber vielleicht ist Gott ja inzwischen auch etwas erwachsener geworden.

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