Wasser auf dem Mond:30 Jahre Ignoranz

Die Sowjets hatten schon 1976 den Beweis für Wasser auf dem Mond gefunden. Die Amerikaner nahmen die Erkenntnis kaum wahr - und beharrten jahrzehntelang auf ihrer fehlerhaften Ansicht.

Christopher Schrader

Auf ihre Internationalität bilden sich Weltraumforscher viel ein. Im Orbit kooperieren Amerikaner und Russen seit 1975, als ein Apollo- und ein Sojus-Raumschiff aneinander andockten. Im Jahr darauf verpasste die Nasa aber eine wichtige Gelegenheit zur Zusammenarbeit. Die Amerikaner ignorierten ein Forschungsergebnis der Russen und beharrten darum noch 30 Jahre lang auf einer - inzwischen als fehlerhaft erkannten - Ansicht über den Mond. Jetzt zeigt der Astrophysiker Arlin Crotts von der Columbia University, dass die Russen es schon 1976 besser wussten (Preprint bei Arxiv).

Mond Oberfläche

Erst 2009 erkannte die Nasa an, dass der Mond nicht nur aus staubtrockenem Geröll besteht.

(Foto: REUTERS)

Damals startete das sowjetische Raumfahrtprogramm die Mondsonde Luna 24. Sie landete im August 1976 in einem unerforschten Teil des Mondes namens Mare Crisium, bohrte ein zwei Meter tiefes Loch, entnahm 170 Gramm Gestein und brachte es unversehrt zur Erde zurück.

Hier zeigte die Analyse, dass es ungefähr zu einem Tausendstel seiner Masse aus Wasser bestand. Aber die Studie fand im Westen keinen Widerhall, schreibt Crotts, obwohl es neben der russischen eine englische Fassung gab. Noch 30 Jahre später fixierten amerikanische Abschätzungen die Obergrenze für Wasser auf dem Mond auf ein Milliardstel.

Die Amerikaner haben aus mehreren Gründen so lang auf ihrem Irrtum beharrt. Da war zunächst die Entstehungsgeschichte des Mondes, der bei einem kosmischen Crash aus der Erde herausgeschlagen wurde. Dabei wurde sein Gestein so stark erhitzt und durchgemischt, dass sämtliches Wasser verdampfen musste, nahmen Nasa-Forscher an.

Die eigenen Beobachtungen von Wasserdampf bei den Apollo-Missionen taten die Experten als irdische Verunreinigung ab. Sie argumentieren, aus den Treibstoffabgasen bei der Landung hätte sich Wasserdampf gebildet. Auch den Boxen für die gut 300 Kilogramm mitgebrachten Mondgesteins misstrauten die Forscher, weil die Behälter wegen des Mondstaubes nicht richtig schlossen. Wasserdampf hätte auf der Rückreise oder am Boden eindringen können.

Sollte also damals doch ein Amerikaner das sowjetische Ergebnis wahrgenommen haben, könnte er den Kollegen ähnliche Probleme mit den Gesteinsproben unterstellt haben. Dabei hatten die Autoren explizit geschrieben, ihr Material zeige keine Neigung, Wasserdampf aufzunehmen. Die Nasa brauchte bis 2009, ihre Meinung endgültig zu ändern. Da hatte sie eine ausgebrannte Raketenstufe in einen schattigen Krater am Südpol des Mondes gelenkt. Das aufgewirbelte Geröll bestand zu 5,6 Prozent der Masse aus Wasser.

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