Schick sind die neuen Schuhe, bequem außerdem. Doch an den Füßen der Trägerin bilden sich rote, juckende Stellen, sobald sie in die Slipper schlüpft.
Der wahrscheinlichste Grund dafür ist Chrom VI, eine Substanz, die beim unsachgemäßen Gerben des Leders entsteht. Das Problem ist so bekannt wie vermeidbar.
Damit aus roher Tierhaut Leder wird, werden Chrom-III-Salze eingesetzt. Während des Gerbens kann daraus Chrom VI entstehen, das bei vielen Menschen Allergien auslöst. Durch sparsamen Einsatz der Chromsalze und geeignete chemische Bedingungen lässt sich die Umwandlung verhindern.
Viele Schuhe und Handschuhe enthalten dennoch bedenkliche Mengen Chrom VI. Das stellt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin in einem jetzt veröffentlichten Bericht fest. Es untersuchte 200 Schuhe, 100 Handschuhe sowie andere "lederhaltige Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt". In fast der Hälfte der Fälle - in 226 von 504 Proben - entdeckten die Prüfer Chrom VI.
Am meisten Chrom fand sich in körpernahen Produkten wie Schuhen, Handschuhen und Arbeitskleidung. 60 Prozent der Handschuhe enthielten mehr als drei Milligramm ChromVI pro Kilo. Alle untersuchten Koffer und Taschen blieben unterhalb dieser Schwelle, die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schon vor Jahren als Grenzwert empfohlen wurde. Seit August 2010 sind höhere Chrom VI-Konzentrationen in Ledererzeugnissen laut Bedarfsgegenständeverordnung verboten.
Noch gefährlicher: PAK
Keine Grenzwerte gibt es hingegen für noch gefährlichere Chemikalien, die das BVL ebenfalls in Schuhen und Handschuhen aufspürte: die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe - kurz PAK. Mehr als 100 Substanzen gehören dazu, etliche krebserregend. Zudem werden sie leicht über die Haut aufgenommen. Lediglich in Autoreifen ist die Menge der PAK bisher reglementiert, nicht aber in Bekleidung oder Spielzeug.
Die Prüfer vom BVL fahndeten vor allem in Plastiklatschen, aber auch in Lederschuhen. Von 331 untersuchten Schuhen enthielten 274 PAK. Fast ein Drittel der Schuhe enthielt mehr als zehn Milligramm umweltgefährlicher, krebserregender PAK und überschritt damit den Orientierungswert der US-Umweltbehörde EPA. Jeder zehnte Schuh war mit dem giftigen Benzo(a)pyren belastet.
Trotz fehlender europäischer Grenzwerte sind solch hohe Giftkonzentrationen laut BVL nicht zulässig. Das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verbietet es, Gegenstände herzustellen, zu behandeln oder in der Verkehr zu bringen, sodass sie die Gesundheit schädigen könnten. Es obliege der Sorgfaltspflicht des Herstellers, Gefahren zu vermeiden. Wer Schuhe herstellt und verkauft, deren PAK-Gehalt den Orientierungswert überschreitet, verstößt gegen das Gesetz.
PAK in Schuhen und anderen Gegenständen seien mehr als nur eine theoretische Gefahr, sagt Bärbel Vieth, Chemikerin am BfR. Die Substanzen könnten das Krebsrisiko erhöhen, zumal Verbraucher durch zahlreiche Produkte damit in Kontakt kommen. "Das Tückische ist, dass Wirkungen der PAK langfristig eintreten", sagt sie. "Einem Produkt, etwa vor Jahren erworbenen Plastiksandalen, sind Krebserkrankungen dann nicht mehr zuzuordnen." Deshalb müssten Grenzwerte so niedrig wie möglich sein.
Im Reach-Beschränkungsverfahren sollen sie künftig EU-weit festgesetzt werden. So hat es Deutschland im Juni der Europäischen Kommission vorgeschlagen, nachdem Verbraucherschützer immer wieder hohe PAK-Werte in Spielzeug, Plastikschuhen oder Werkzeuggriffen gefunden hatten.
Die Grenzwerte sollen nach einem vereinfachten Verfahren reglementiert werden, wie es das europäische Chemikalienrecht vorsieht. Das BfR hat mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und dem Umweltbundesamt die Grundlagen für diese Initiative erarbeitet.
Um das Krebsrisiko zu minimieren, darf demnach höchstens ein fünftel Milligramm PAK in einem Kilo Kleidung, Spielzeug oder Schuhe enthalten sein. Das hieße indes nicht, dass das Krebsrisiko null sei, sagt Vieth: "Für PAK, die das Erbgut schädigen, gibt es keinen Schwellenwert." Geringere Konzentrationen seien aber derzeit nicht nachweisbar. Werden die Analyseverfahren empfindlicher, könnten die Grenzwerte weiter sinken.
Verbrauchern rät Bärbel Vieth zum Praxistest: "Will ich Schuhe aus Kunststoff kaufen, etwa Badesandalen, halte ich die Nase dran. Riechen sie unangenehm, nehme ich sie auf keinen Fall. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie bedenkliche Chemikalien enthalten."