Waldbrände:Wieso Wälder auch im Winter brennen

In Bayern brennt der Jochberg, ein beliebtes Wanderziel - trotz Eis, Schnee und Minusgraden waren etwa 100 Hektar betroffen.

Von Hanno Charisius

Waldbrandwetter, darunter stellt man sich Dürreperioden mit mehr als 30 Grad Celsius vor, ausgetrocknete Flussläufe, welkende Vegetation, staubige Wälder, sengende Hitze. Und dann steht plötzlich in der Silvesternacht bei klirrender Kälte der Jochberg in Flammen. Kalte Füße und brennende Wälder, wie geht das denn zusammen?

Der Jochberg ist ein Voralpengipfel etwa 60 Kilometer südlich von München und ein beliebtes Wanderziel. Bei guter Sicht erlaubt er Fernblicke ins platte Land im Norden und auf das Wettersteingebirge im Süden. Am Sonntag brannten an seinen Hängen etwa 100 Hektar Wald. Auch auf der Alpensüdseite in den Schweizer Kantonen Tessin und Graubünden fing der Wald nach den Weihnachtstagen Feuer. Die Brände dort waren bis zum Jahreswechsel unter Kontrolle, doch in einigen Gebieten mussten die Bewohner aufs Feuerwerk verzichten.

Die in den letzten Wochen vorherrschende Großwetterlage begünstigte das Feuer. Die Schweiz bekam im Dezember kaum Niederschlag, und auch auf der Alpennordseite war es außergewöhnlich trocken. Seit Wochen hatte es kaum geregnet oder geschneit.

"Das brennt wie Zunder"

Durch die trockene und oft sonnige Witterung sind Wälder und Böden ausgedörrt. "Das abgestorbene Gras, das im Sommer zwischen den Bäumen wächst, trocknet schnell in der feuchtigkeitsarmen Winterluft," sagt Franz Binder, Experte für Waldbau und Bergwald der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. "Das brennt wie Zunder, wenn da nur ein Funke drauf fällt." Am Jochberg war es womöglich ein Lagerfeuer von Wanderern, das den Brand gestartet hatte.

Auch wenn von einem Waldbrand die Rede ist, fingen am Jochberg nur vereinzelt Bäume Feuer. Im Wesentlichen brennen die trockene Zwischenvegetation und Bodenstreu. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Flammen so hoch schlagen, dass die Bäume Feuer fangen und ein großflächiges Kronenfeuer ausbricht", sagt Binder. Wichtig sei es dennoch, den Brand schnell unter Kontrolle zu bringen, weil er sonst die heranwachsende Waldgeneration, die jungen Bäume am Boden vernichte. Außerdem sei auch Schutzwald betroffen, dessen Bewuchs die Hänge vor Erosion und Ortschaften im Tal vor Lawinen schützen soll.

Solche Brände zu untypischen Jahreszeiten sind für Christian Schunk keine Überraschung mehr. Der wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Ökoklimatologie der Technischen Universität München hat bereits einige Ereignisse dieser Art untersucht, 2011 und 2015 kam es in Oberbayern im Herbst und Winter zu Waldbränden. Jedes Mal ging den Feuern eine ähnliche Wetterlage voraus, die als Inversion bezeichnet wird, weil es in niederen Lagen kälter ist als in der Höhe. "Wir hatten an einigen Berghängen sogar nachts Temperaturen von über null Grad", sagt Schunk. Zudem sei die Luftfeuchtigkeit insgesamt sehr niedrig gewesen. Bei Garmisch-Partenkirchen wurden sogar nur fünf Prozent Luftfeuchte gemessen. "Bei anderen Wetterlagen hätten wir bei solchen Werten an der Funktionstüchtigkeit des Sensors gezweifelt." So trocken ist es selbst im Sommer selten.

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