Umwelt:Wald in Deutschland: Beispiellose Schäden

Umwelt: Waldsterben im Naturpark Arnsberger Wald. Vor allem Hitze- und Dürreperioden machen den Wald anfällig für Schädlinge wie Borkenkäfer.

Waldsterben im Naturpark Arnsberger Wald. Vor allem Hitze- und Dürreperioden machen den Wald anfällig für Schädlinge wie Borkenkäfer.

(Foto: Jochen Tack/imago)

Satelliten liefern alarmierende Daten. Seit Januar 2018 verschwanden fünf Prozent der Waldfläche.

Die Waldverluste in Deutschland sind einer neuen Analyse zufolge erheblich größer als bisher angenommen. Von Januar 2018 bis April 2021 seien auf einer Fläche von rund 501 000 Hektar Baumbestände zerstört worden - das entspreche fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche, teilte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach der Auswertung von Satellitendaten mit. Das sei erheblich mehr als bisher gedacht. Ursache seien "vor allem die ungewöhnlich starken Hitze- und Dürreperioden in diesen Jahren, die wiederum den Befall durch Schadinsekten begünstigt haben."

Um den Baumverlust genau zu beziffern, nutzte die DLR-Forschergruppe des Earth Observation Center (EOC) in Oberpfaffenhofen Aufnahmen des Satelliten Sentinel-2 des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus und des US-amerikanischen Satelliten Landsat-8. Die Daten zeigten, dass überwiegend die Mitte Deutschlands mit ihren Nadelwäldern betroffen ist - von der Eifel über das Sauerland, den Harz und den Thüringer Wald bis in die Sächsische Schweiz. Allein Nordrhein-Westfalen hat demnach innerhalb von drei Jahren mehr als ein Viertel seiner Fichtenwälder verloren, in einigen Landkreisen waren es sogar mehr als zwei Drittel.

Die Bäume sind entweder abgestorben oder großflächigen Notfällungen zum Opfer gefallen. "Kahlschläge sind oft die letzte Maßnahme bei massivem Schädlingsbefall, um - im Fall von Fichten - dem Borkenkäfer die Nahrung zu entziehen und dadurch seine weitere Ausbreitung zu verhindern", hieß es vom DLR. Während sich Laubbäume nach einem Insektenbefall oft wieder erholen, gilt dies häufig nicht für Nadelbäume. Von den Dürre-Folgen seien aber nicht nur Fichtenwälder betroffen. "Unsere Analysen zeigen, dass auch Eiche, Buche und Kiefer, neben der Fichte die häufigsten Baumarten in Deutschland, starke Schäden aufweisen. Dasselbe gilt für seltenere Arten wie Bergahorn oder Lärche", sagte Frank Thonfeld vom EOC. Die Schäden der vergangenen Jahre seien "beispiellos".

Die Satellitendaten zeigen auch das Ausmaß von Sturmereignissen in Ostbayern, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Die aktuelle Sturmlage über Deutschland werde voraussichtlich wieder dazu führen, dass vielerorts Holz entfernt werden müsse, lautete die Prognose.

Die Fernerkundungsexperten werteten insgesamt mehr als 20 000 Datensätze für ihr Wald-Lagebild aus. Fazit: "Bis sich das Ökosystem Wald erholt, kann es noch länger dauern. Für Deutschland und Europa ist es daher dringend notwendig, schnell effiziente Maßnahmen zum Schutz der Wälder zu ergreifen. Satellitengestützte Erdbeobachtung kann Forschenden und Entscheidungstragenden hierzu eine Datengrundlage bereitstellen."

Für die Forstwirtschaft seien umfassende Waldinformationen wichtig, um Baumarten zu kartieren, Schadursachen zu differenzieren und negative Entwicklungen durch Früherkennung zu verhindern, hieß es. Erdbeobachtungssatelliten böten dafür die notwendige räumliche und zeitliche Auflösung. Gleichwohl würden die Erkenntnisse aus den Satellitenaufnahmen von den Behörden noch nicht voll ausgeschöpft.

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