Wetter 2021:Sehnsucht nach Schmuddelwetter

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Ungemütlich, aber wichtig für den Wald: Regen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Nach extremer Dürre regnete es 2021 wieder ordentlich. Die Natur bräuchte in diesem Winter ausgerechnet ein Wetter, das der Mensch am wenigsten mag.

Von Benjamin von Brackel

Zumindest für die Vegetation war das Jahr 2021 ein gutes: Nach den trockenen Sommern der jüngsten drei Jahre gab es im vergangenen Jahr mal wieder ausreichend Niederschlag in großen Teilen des Landes. Insgesamt fielen 805 Liter pro Quadratmeter und damit ein wenig mehr als im Mittel der Referenzperiode 1961 bis 1990, so hatte es der Deutsche Wetterdienst (DWD) jüngst vermeldet.

Zwar war auch das Jahr 2021 "zu warm", also rund ein Grad Celsius wärmer als im Mittel der Referenzperiode, allerdings fehlten die vielen extremen Hitzetage, wie es sie noch in den vergangenen Sommern gegeben hatte. Die Wiesen und Felder blieben grün, und die Sträucher konnten gedeihen. "Die Vegetation hat sich gut erholt", sagt Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors des Umweltforschungszentrums Leipzig (UFZ).

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2021 war es in Deutschland weder extrem heiß noch zu trocken. Man könnte von einem durchschnittlichen Jahr sprechen, wäre da nicht der Rekord-Starkregen im Juli.

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Allerdings saugte sich der dürregeplagte Boden nur im obersten Meter wieder mit Feuchtigkeit auf. In den tieferen Schichten blieb es in großen Teilen der Republik zu trocken. Deshalb konnten die Bäume, die ihre Wurzeln tiefer graben, weniger profitieren. "2021 war ein guter Startpunkt, der eine leichte Erholung gebracht hat", sagt Marx. "Aber der Wald ist noch nicht über dem Berg."

Auch die Starkregenfälle im Sommer nutzten da wenig. Fällt zu viel Regen in kurzer Zeit, kann der Boden ihn gar nicht so schnell aufnehmen. Der Großteil des Wassers rauscht an der Oberfläche einfach ab und wird von Bächen und Flüssen abtransportiert. Dürre und Starkregenfälle müssen sich also gegenseitig nicht ausschließen; erstere kann letztere sogar befördern, wenn der Boden so knochentrocken ist, dass er kaum Wasser aufnimmt.

Ein normales Jahr bringt den Wasserhaushalt noch nicht wieder ins Lot

Wichtiger sind ohnehin die Niederschläge im Winter, damit sich die Bodenschichten wieder mit Feuchtigkeit aufsaugen können, so DWD-Sprecher Andreas Friedrich. Denn dann kann weniger Wasser verdunsten. Und im vergangenen Winter habe es tatsächlich etwas mehr als gewöhnlich geregnet.

Ein "normales Jahr" bringe aber den Bodenwasserhaushalt nicht gleich wieder ins Lot, gibt Andreas Marx zu bedenken. Dafür bräuchte es schon ein paar normale Jahre in Folge, in denen es ausreichend regnet.

Obwohl, so normal war 2021 auch wieder nicht. Es war geprägt von Extremen: ein Februar mit Frösten und Schneefällen in der Mitte Deutschlands, Ende März fast frühsommerliche Temperaturen, dann der kälteste April seit 40 Jahren und dann der drittwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen, gefolgt von den Starkregenfällen und katastrophalen Überschwemmungen im Südwesten des Landes. Zumindest für die Wälder haben aber langanhaltende Wetterbedingungen wie extreme Hitze und Trockenheit über Monate größere Folgen.

Die Eindrücke vom Starkregen im Sommer des vergangenen Jahres täuschen denn auch ein bisschen darüber hinweg, dass der Boden vor allem in weiten Teilen des Nordostens Deutschlands über das gesamte Jahr 2021 noch immer sehr trocken war und die Wälder dort besonders zu leiden hatten. Der laufende Winter brachte bisher vor allem zwischen Hannover und Frankfurt (Oder) zu wenig Niederschlag. "Das ist unser großes Sorgenkind", sagt Klimaforscher Marx. Aber auch in Teilen Bayerns sei es derzeit zu trocken. "Das Phänomen Dürre hat sich noch nicht überall in Deutschland erledigt."

Helfen würde der Natur in diesem Winter ausgerechnet ein Wetter, das der Mensch am wenigsten mag: die Temperaturen leicht im Plus und hin und wieder Regenschauer. Schmuddelwetter.

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