Süddeutsche Zeitung

Vulkane:Wenn die Erde Feuer spuckt

Kilometerhohe Aschewolken, Ströme aus Lava, Explosionen: Kaum eine Naturgewalt ist so heftig wie ein Vulkanausbruch. Woher kommt diese Kraft aus dem Innern unseres Planeten?

Von Angelika Jung-Hüttl (Text) und Bernhard Edmaier (Fotos)

Wenn Vulkane ausbrechen, quillt Lava aus der Erde - oder Aschenwolken schießen in den Himmel, Hunderte bis Tausende Meter hoch. So geschehen vor kurzem auf der Insel des Vulkans Krakatau in Indonesien, dessen Ausbruch einen verheerenden Tsunami auslöste. Auch der Ätna auf Sizilien, der größte Vulkan Europas, bebt derzeit wieder und speit Asche. Solche Eruptionen können gewaltige Krater in die Erdkruste reißen.

Earth Talks

Diese Serie widmet sich geologischen Phänomenen. Alle Folgen hier.

Auch wenn sich die Kraft der Vulkane an der Erdoberfläche entlädt: Ihren Ursprung hat sie in der Tiefe. Um auszubrechen, brauchen Vulkane viele Kilometer tief unter der Erde ein mit Magma gefülltes Reservoir. In diesem Bereich aus geschmolzenem Gestein herrschen Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius und ein gewaltiger Druck.

So ein Reservoir kann viele Kubikkilometer groß sein, wie es genau aussieht, kann jedoch niemand sagen. Wissenschaftler können solche Bereiche nur messtechnisch erfassen. Anhand von seismischen Wellen, die bei einem Vulkanausbruch das Erdreich durchdringen, lassen sich grobe Rückschlüsse auf die Reservoirs ziehen. Die Vorstellungen reichen von einer gigantischen, mit Schmelze gefüllten Höhle - einer sogenannten Magmakammer - bis hin zu einem Areal aus heißem Gestein tief in der Erdkruste oder im Erdmantel, in dessen Poren, Rissen und Spalten die Schmelze zirkuliert.

Klar ist: Weil die Schmelze leichter ist als das feste Gestein in der Umgebung, steigt sie durch Hohlräume in Erdmantel und Erdkruste langsam nach oben. Ändern sich die Druckverhältnisse im Reservoir, beispielsweise durch chemische oder plattentektonische Prozesse, kann die Schmelze auch nach oben gepresst werden.

Die Gase und Dämpfe, die in der Schmelze gelöst sind - zum Beispiel Schwefelgase, Kohlendioxid und Wasserdampf, spielen bei Vulkanausbrüchen ebenfalls eine Rolle. Sobald das Magma sich der Erdoberfläche nähert, können sie schlagartig freigesetzt werden. Wenn der Umgebungsdruck abrupt sinkt, wechseln die Verbindungen vom flüssigen in den gasförmigen Zustand. Die Folge: Die Schmelze schießt aus dem Vulkanschlot und es kommt zur Explosion. Lavastücke fliegen rotglühend durch die Luft.

Enthält die Schmelze sehr viel Gas, wird die Lava während der Eruption in feinste Partikel zerstäubt, die sofort erkalten und als Vulkanasche in gigantischen Wolken in die Atmosphäre aufsteigen. Besonders eindrucksvoll sind Kraterlöcher, die durch die Explosionen in den Untergrund gesprengt werden.

Oft strömen noch lange nach einem Ausbruch Gasschwaden aus den Kraterwänden, ein untrügliches Zeichen, dass der Vulkan nur ruht und nicht erloschen ist. Die Gase sind meistens noch sehr heiß. Sobald sie mit der kalten Luft in Berührung kommen, setzen sich verschiedene Mineralverbindungen ab - Schwefelmineralien bilden etwa leuchtend gelbe und orange Krusten.

Die Gase befördern außer Schwefel- auch noch Chlor-, Fluor- Ammoniak- und verschiedene Mineralverbindungen aus dem Erdinnern in die Atmosphäre. Sie sind so ätzend, dass sie die Kraterwände angreifen können. Sie zersetzen das feste Gestein zu einem feinen, schmierigen Ton. Diese Tonschicht dichtet die Kraterschüssel nach unten ab. Nun kann sich Regenwasser sammeln. Ein Kratersee entsteht - der eignet sich allerdings nicht zum Schwimmen, solange weiterhin ätzende Gase aus dem Krater strömen und das Wasser in eine starke Säure umwandeln.

Legt ein Vulkan nach einer Ausbruchsphase eine längere Ruhepause ein, kann sich auf dem mineralreichen Vulkangestein vor allem in den feuchteren Klimazonen fruchtbarer Boden entwickeln - unter besonderen Bedingungen sogar in der Wüste.

Zum Beispiel in der Wüste Chalbi im Norden von Kenia. Mehr als 200 Krater sitzen auf den flachen Flanken des Vulkans Marsabit, der sich wie eine grüne Insel etwa 1000 Meter über die Wüste erhebt. Der flache Vulkan, der sich über mehr als 6000 Quadratkilometer ausdehnt, liegt am äußersten Rand des Großen Afrikanischen Grabenbruchs, einer langgestreckten tektonischen Dehnungszone, die sich vom Roten Meer über 6000 Kilometer bis nach Mosambik hinzieht.

Die Krater auf dem Rücken des Marsabit entstanden vor etwa 500 000 Jahren, als er nach einer langen Ruhephase wieder Lava und Asche spuckte. Die Schmelze hat die Abhänge des alten Feuerberges an 202 Stellen durchbrochen. Das Gestein des Vulkans ist wie ein Schwamm. Es speichert das Wasser, das in den kurzen Regenzeiten im trockenen Norden Kenias vom Himmel fällt. Daher können die Menschen dort inmitten der Chalbiwüste Ackerbau betreiben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4269477
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.