Jeden Frühling und Herbst beobachten Forscher bei Zugvögeln das gleiche Phänomen: Die Tiere hüpfen und flattern selbst in geschlossenen Käfigen in die Richtung, in die sie im Freien fliegen würden. Das Magnetfeld der Erde dient ihnen als Kompass. Umso ratloser waren Wissenschaftler der Universität Oldenburg, als sie feststellten, dass ihren Rotkehlchen diese Orientierung drei Jahre in Folge fehlte.
Sie kamen auf die Idee, die Hütten der Tiere gegen die elektromagnetische Strahlung der Umgebung abzuschirmen. Hinter dieser Schutzwand fanden die Vögel ihre Navigationsrichtung wieder. Erstaunlich an der im Fachmagazin Nature (online) veröffentlichten Studie ist, dass die elektromagnetischen Felder die Vögel schon in einer solch geringen Stärke störten, die bis dahin als biophysikalisch wirkungslos gegolten hatte. Selbst Signale, die nur ein Tausendstel des von der Weltgesundheitsorganisation definierten Grenzwertes betrugen, verwirrten die Zugvögel.
Die Rotkehlchen büßten ihre Orientierung lediglich innerhalb der Stadt ein. Die Auswirkungen des Elektrosmogs auf den Vogelzug sind demnach lokal begrenzt, räumt Studienleiter Henrik Mouritsen ein: "Dennoch sollten uns diese Ergebnisse zu denken geben - sowohl was die Überlebenschancen der Zugvögel als auch was mögliche Effekte für den Menschen angeht, die es noch zu untersuchen gilt."
Joseph Kirschvink vom California Institute of Technology warnt in einem begleitenden Kommentar allerdings davor, die Studien als Beweis für die Gefährlichkeit von Stromleitungen und Handys zu werten. Die Signale, die die Orientierung der Vögel beeinträchtigten, hatten Frequenzen zwischen 20 Kilohertz und fünf Megahertz - und stammten aus Haushaltsgeräten und Radioübertragungen.