Doch tatsächlich übersahen 20 von 24 Radiologen das Affenbild. Selbst wenn die Psychologen direkt fragten, ob ihnen ein Gorilla auf den Bildern aufgefallen sei, verneinten die Radiologen. Auswertungen per Blickerfassung ergaben, dass 12 der 20 unaufmerksamkeitsblinden Radiologen sogar direkt auf den Gorilla geschaut hatten - und den "außergewöhnlichen Reiz", wie die Psychologen das bezeichnen, nicht bemerkt hatten.
Selbst Experten sind also hochgradig anfällig für Unaufmerksamkeitsblindheit. Haben die Radiologen ihren Beruf verfehlt? "Die Knoten zu finden, ist selbst für Experten eine sehr fordernde Aufgabe", sagt Drew. Die Mediziner müssen sich stark konzentrieren, trotzdem erreichten sie nur eine Trefferquote von 55 Prozent.
Laien in einer Kontrollgruppe, die Drew in die Aufgabe einwies, entdeckten sogar nur zwölf Prozent der Knoten. Egal ob Würfe mit einem Ball gezählt oder Gewebeauffälligkeiten gesucht werden: Ist die Aufgabe fordernd, fällt selbst Überauffälliges durch das Raster.
Es widerspreche der Intuition, "aber wahrscheinlich hätten die Radiologen den Gorilla häufiger entdeckt, wenn er kleiner und unauffälliger gewesen wäre", schreiben die Psychologen. Die Mediziner waren schließlich auf die Suche nach winzigen Details eingestellt und erwarteten keine großen, auffälligen Bilder.
Experten sind zwar fehlbar, schneiden aber besser ab als Laien. In der Vergleichsgruppe mit 25 Amateuren fiel bei der gleichen Aufgabe keinem einzigen der Gorilla auf. Wurde der klassische Gorilla-Versuch von Simons und Chabris übrigens mit Basketball-Spielern als Probanden wiederholt, latschte die Person im Affenkostüm auch seltener unbemerkt durchs Bild.
Die Sportler mussten sich weniger stark konzentrieren, um die Pässe zu zählen, sie waren es gewohnt. Experten sind zwar nicht perfekt, aber immerhin ein bisschen besser als Amateure.
Wenn Sie diesen Text gelesen haben, werden Sie den Gorilla im Video nicht mehr übersehen können. Aber zeigen Sie es doch jemanden, der es noch nicht kennt.