Tiere:Oma ist die Beste

Tiere: Alles für die Enkel: ein weiblicher Orca vor Norwegen auf der Heringsjagd.

Alles für die Enkel: ein weiblicher Orca vor Norwegen auf der Heringsjagd.

(Foto: OLIVIER MORIN/AFP)

Viele Tiere leben im Lauf ihres Lebens in unterschiedlichen Verwandtschaftskonstellationen: Mit dem Alter haben manche mehr, andere weniger eigene Familie um sich. Erklärt das die Selbstlosigkeit mancher Großmütter?

Von Liesa Regner-Nelke

Während weibliche Schwertwale ihren Lebensabend meist im Kreise einer wachsenden Familie verbringen, hat das Tüpfelhyänenweibchen im Alter immer weniger lästige Verwandtschaft um sich. Denn ob sich in der Gruppe, in der ein Säugetier lebt, viele Verwandte befinden, ändert sich mit dem Alter, abhängig vom Geschlecht und der Spezies. Prägt das auch das Verhalten?

Kürzlich hat ein Team um Samuel Ellis von der University of Exeter versucht, diese sogenannte Verwandtschaftsdynamik anhand eines theoretischen Modells vorherzusagen. Die Wissenschaftler betrachteten dafür sieben in Gruppen lebenden Säugetier-Spezies: Zebramangusten, Schimpansen, europäische Dachse, Schwertwale, Rhesusaffen, Tüpfelhyänen und gelbe Paviane. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Nature ecology & evolution veröffentlicht.

Wie sich die Verwandtschaftsverhältnisse in der Gruppe entwickeln, hängt von der Lebensweise der Spezies ab. So verlassen weibliche Schimpansen eher ihre ursprüngliche Gruppe und umgeben sich somit erst mit zunehmendem Alter mit immer mehr Verwandten. Bei Rhesusaffen oder Tüpfelhyänen ist es andersherum, es sind eher die Männchen, die sich eine neue Gruppe suchen und dort erst mit der Zeit eine eigene Familie haben.

Für ältere Schwertwal-Weibchen kann es sich lohnen, die Gruppe zu unterstützen

Bei Zebramangusten und Schwertwalen wiederum bleiben sowohl Männchen als auch Weibchen in ihrer Gruppe, suchen sich aber zur Fortpflanzung Partner von außerhalb. In beiden Spezies nehmen die Verwandtschaftsgrade der Weibchen in der Gruppe mit dem Alter zu, denn entferntere Verwandte werden zunehmend durch die direkten Nachkommen der Weibchen ersetzt, während die Nachkommen der Männchen meist in anderen Gruppen aufwachsen. Das von den Forschern errechnete Modell war in der Lage, die realen Daten in den meisten Fällen gut vorherzusagen.

Solche Veränderungen können das Verhalten der Gruppenmitglieder untereinander beeinflussen. So kann es für ältere Weibchen evolutionär tatsächlich lohnend sein, sich nicht mehr selbst fortzupflanzen und stattdessen die Gruppe zu unterstützen - vorausgesetzt, diese besteht dann zu einem großen Teil aus engen Familienmitgliedern, wie es etwa bei Schwertwalen oft der Fall ist. Das könnte mit ein Grund für die Entwicklung der Menopause sein.

Tatsächlich zeigen sich bei vielen Arten alters- und geschlechtsabhängige Unterschiede darin, ob sich die Tiere gegenseitig helfen oder schaden, etwa bei der Nahrungssuche oder bei Kämpfen. So teilen ältere Schwertwal-Weibchen, die meist viele Familienmitglieder um sich haben, eher ihre Nahrung als jüngere. Zugleich ist bekannt, dass Verwandtschaftsgrade bei Zusammenhalt und Status eine große Rolle spielen können. Etwa werden Tüpfelhyänen-Männchen bei Konfliktsituationen innerhalb der Gruppe durch ihre Verwandten unterstützt.

Demnach könnte die Entwicklung der Verwandtschaft von Individuen mit der Gruppe im Laufe ihres Lebens eine Rolle dabei spielen, wie Alter und Geschlecht bei verschiedenen Arten die Anreize für selbstloses oder aggressives Verhalten beeinflussen - und so helfen zu erklären, warum etwa Großmütter sich oft ganz anders verhalten als junge, männliche Individuen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: