Süddeutsche Zeitung

Verunglücktes Raumschiff "SpaceShipTwo":Mit Vollgas auf die Bremse

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Dem Absturz des privaten Raumschiffs SpaceShipTwo ging nach Ansicht von Ermittlern ein ungeplantes Bremsmanöver voraus. Zwei Stabilitätsruder seien zu früh ausgefahren worden, teilte die nationale Transportsicherheitsbehörde NTSB mit, die den Absturz in der kalifornischen Mojave-Wüste untersucht. "Ein Pilotenfehler könnte eine mögliche Ursache sein", zitiert die Los Angeles Times NTSB-Geschäftsführer Christopher Hart.

Zugleich warnte Hart davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. Bislang wisse man nur, dass die Bremsen ungeplant auslösten, nicht, ob sie auch das Auseinanderbrechen des Schiffs bewirkten. Die Suche nach den Ursachen könne noch Monate dauern, so Hart.

Die Raumfähre SpaceShipTwo des Unternehmens Virgin Galactic war am Freitag bei einem Testflug abgestürzt. Der 39 Jahre alte Kopilot Michael Alsbury kam ums Leben, der 43-jähriger Pilot Peter Siebold konnte sich per Schleudersitz retten und liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.

Treibstoff oder fehlerhaftes Manöver?

Die Ermittler sammelten am Wochenende zahlreiche Wrackteile des Gleiters ein. Eine Analyse der Videoaufnahmen und Telemetriedaten habe bereits gezeigt, dass die Bremsruder kurz vor dem Crash auslösten, berichtete das Fachportal spaceflightnow.com. Dieses Manöver ist dazu gedacht, das Raumschiff auf seiner finalen Höhe von etwa 110 Kilometern über dem Meeresspiegel abzubremsen und in Richtung Erde zu drehen. Am Freitag klappten die Ruder deutlich früher nach oben, nur Sekunden nachdem das Raumflugzeug von seinem Mutterschiff WhiteKnightTwo abkoppelte und seine Triebwerke zündete. Ob dafür tatsächlich ein Pilotenfehler verantwortlich ist, ist aber noch unklar. Für das Bremsmanöver müssten zwei Schalter umgelegt werden, sagte Hart. Die Videoaufnahmen hätten jedoch gezeigt, dass nur ein Schalter betätigt worden sei. Die Bremsen hätten also technisch gesehen nicht auslösen dürfen.

Als mögliche Hauptursache des Crashs galten zunächst die Triebwerke. Bei dem Unglücksflug setzten die Ingenieure einen neuen Treibstoff auf Kunststoff-Basis ein, um höhere und stabilere Verbrennungsraten zu erreichen. Auf Fotos ist eine weiße Flüssigkeit zu sehen, die in großen Mengen auszutreten scheint. Der Verdacht, eine Treibstoffexplosion habe zum Auseinanderbrechen der Rakete geführt, scheint sich nun vorerst nicht zu erhärten. Die gefundenen Treibstofftanks und der Raketenmotor wiesen keine Spuren einer Explosion oder eines Bruchs auf, zitieren US-Medien NTSB-Sprecher Hart.

Für Virgin und den Chef der Firma, den britischen Milliardär Richard Branson, ist das Unglück ein herber Rückschlag für ihre Bemühungen, einen kommerziellen Weltraum-Tourismus zu etablieren. Mehr als 800 Personen haben bereits jeweils mehr als 200 000 US-Dollar für ein Ticket ins All überwiesen, darunter Prominente wie Lady Gaga oder Brad Pitt. Die ersten dreieinhalbstündigen Flüge sollten 2015 starten. Der Termin wurde nun auf unbefristete Zeit verschoben.

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