Verhaltensbiologie und Gewalt:Ausrottung unter Affen

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Es ist ein Verhalten, das man von Menschen kennt, Affen jedoch eher nicht zutrauen würde: Im Kibale-Nationalpark in Uganda sind Schimpansen dabei, eine Population Stummelaffen auszurotten.

Christian Weber

Stünden Menschen dahinter, so wäre die Nachricht zwar traurig, aber nicht weiter überraschend: Im Dschungel des Kibale-Nationalparks in Uganda stehe eine Population Roter Kolobusaffen (Uganda-Stummelaffen, Piliocolobus tephrosceles) kurz vor der Ausrottung, berichtet ein Forscherteam um Jeremiah Lwanga von der Makerere University in Kampala in dem Fachmagazin American Journal of Primatology (Bd.73, S.1, 2011).

In Uganda ist eine Gruppe von Schimpansen dabei, eine ganze Population von Uganda-Stummelaffen (Piliocolobus tephrosceles, Rote Kolobusaffen) auszurotten. (Foto: DPA/DPAWEB)

Wirklich neu aber ist, wen die Primatologen als Verantwortlichen für den Niedergang dieser Affen ausgemacht haben: die ebenfalls im Park ansässigen Schimpansen.

Fast 33 Jahre lang, von 1975 bis 2007, wurden die verschiedenen Affenpopulationen in dem entlegenen afrikanischen Nationalpark beobachtet. In dieser Zeit sank die Zahl der Kolobusaffen in der Region um 89 Prozent.

Zu diesem Niedergang mögen auch Krankheiten beigetragen haben und die Konkurrenz durch andere pflanzenfressende Affen, schreiben die Studienautoren. Dennoch halten sie diese Faktoren "für relativ unbedeutend im Vergleich zur Jagd durch die Schimpansen".

Diese habe besonders verheerende Wirkungen, weil die Schimpansen besonders gerne Kolobus-Jungtiere töten und fressen, die noch nicht im reproduktionsfähigen Alter sind.

Mit anderen Worten: Die Studie liefert nach Angaben der Forscher den ersten klar dokumentierten Beleg, dass eine nichtmenschliche Primatenart eine andere Primatenart ausrotten kann - und davon profitiert: Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Schimpansen in Kibale um 59 Prozent. Unklar sei lediglich, warum sich die Tiere ausgerechnet auf die Jagd nach Roten Kolobusaffen spezialisiert haben.

Ansonsten reiht sich die neue Studie in eine Vielzahl von Forschungsarbeiten ein, die in den letzten Jahren den Mythos vom Schimpansen als freundlichen Vegetarier demontiert haben.

So gilt mittlerweile als belegt, dass Schimpansen gerne auch mal Fleisch fressen und ihre Interessen mit manchmal mörderischer Gewalt selbst gegen Artgenossen verfolgen: Ebenfalls aus dem Kibale-Nationalpark stammt eine Studie, die im letzten Jahr beschrieb, wie eine Schimpansen-Kolonie die benachbarte Gruppe mit einer koordinierten, kriegsähnlichen Strategie vertrieb, nur um ihr eigenes Territorium auszuweiten.

© SZ vom 19.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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