Süddeutsche Zeitung

Verhandlungen über Antarktis-Schutzgebiete:Meeresschutz scheitert an Russland

Die größten Meeresschutzgebiete weltweit sollten um den Südpol herum geschaffen werden - doch die Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis konnte sich nicht einigen. Verantwortlich für das Scheitern ist Russland.

Es ging "um nichts weniger als die Schaffung der größten Meeresschutzgebiete weltweit", hatte am Montag noch Peter Bleser vom Bundeslandwirtschaftsministerium angekündigt.

Nun sind die Verhandlungen der Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) in Bremerhaven gescheitert.

Wie Iris Menn, die als Beobachterin der Beratungen für die Umweltschutzorganisation Greenpeace im Plenum saß, berichtete, ist der Grund für das Scheitern der Widerstand Russlands. Das bestätigte auch Britta König, Expertin des WWF, der SZ. Eine Ausweisung der Schutzgebiete wäre nur bei einem einstimmigen Beschluss aller 25 CCAMLR-Mitglieder möglich gewesen.

"Ich habe noch nie so enttäuschende Verhandlungen erlebt", sagte Meeresexpertin Menn am Mittag. Am Nachmittag soll im Plenum noch ein Text verabschiedet werden.

Die CCAMLR wollte in Bremerhaven darüber entscheiden, ob im Rossmeer und in der Ostantarktis Schutzgebiete ausgewiesen werden, die beide zusammen etwa 3,8 Millionen Quadratkilometern groß sind - fast so groß wie die Europäische Union.

An der Sondersitzung nahmen 120 Vertreter von 24 Staaten und der Europäischen Union teil.

Das Vorhaben war im November 2012 bereits einmal gescheitert, weil unter anderem Russland, China, Japan, Südkorea und Norwegen wirtschaftliche Probleme durch Beschränkungen der Fischerei befürchtet hatten. Im größten Teil der Schutzgebiete wäre es verboten gewesen zu fischen und Rohstoffe zu fördern.

Kampf gegen Klimawandel und Artensterben

Die Antarktis ist Umweltschützern und Experten zufolge eines der letzten weitgehend intakten Ökosysteme der Erde. Im Antarktischen Ozean leben mehr als 10.000 Tierarten. Außerdem wirke der nachhaltige Schutz der Antarktis dem Klimawandel entgegen, sagen Experten. "Die Organismen sind einzigartig und der Lebensraum ist enorm vielfältig. Wenn Sie Filmaufnahmen vom Meeresboden sehen, sieht das fast wie ein tropisches Korallenriff aus", sagte der Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, Stefan Hain.

Das Rossmeer gehört zu den am wenigsten von Klimawandel und Überfischung betroffenen Meeresgebieten der Welt. Der Vorschlag für dieses 2,2 Millionen Quadratkilometer große Schutzgebiet wurde von Neuseeland und den USA eingebracht. Das Areal hätte die gesamte Küste Viktorialands, von der Meeresbucht McMurdo-Sund bis zur Landzunge Kap Adare, die Balleny-Inseln und fast das gesamte Rossmeer umfasst. Besonders geschützt werden sollte der Antarktische Silberfisch, der Nahrungsgrundlage für Pinguine, Robben und Wale ist. Außerdem wären Laichgebiete des Antarktischen Thunfischs unter die Schutzverordnung gefallen.

Australien, Frankreich und die Europäische Union hatten außerdem eine 1,6 Millionen Quadratkilometer große Schutzzone im Osten der Antarktis beantragt. Sie hätte insgesamt sieben Gebiete in ostantarktischen Küstengewässern umfasst - darunter auch wissenschaftlich bereits sehr gut untersuchte Zonen. So sollte den Forschern ermöglicht werden, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Antarktis näher zu untersuchen. Außerdem wollten die Wissenschaftler der Frage nachgehen, wie sich der Fischfang auf das Meeresökosystem auswirkt und wie schnell es sich wieder erholt.

Bis 2020 möchte die internationale Staatengemeinschaft insgesamt zehn Prozent der Küsten- und Meeresgewässer schützen. Bisher sind es gerade einmal zwei Prozent.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1722888
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
dpa/Süddeutsche.de/SZ/aba/weis/mcs/leja
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.