Verhaltensbiologie:Mit Fehlalarm zum Sex

Männchen der Leierantilopen sorgen mit einem hinterhältigen Trick dafür, dass Weibchen bei ihnen bleiben: Sie erschrecken potentielle Partnerinnen mit Warnungen vor fiktiven Feinden.

Markus C.Schulte von Drach

Männliche Leierantilopen im kenianischen Masai Mara National Reserve Park setzen auf einen hinterhältigen Trick, um fruchtbare Weibchen von dem Gedanken abzubringen, ihr Revier zu verlassen.

Antilope

Wenn Leierantilopenmännchen befürchten, eine Partnerin zu verlieren, warnen sie vor fiktiven Feinden.

(Foto: Jakob Bro-Jorgensen)

Sobald sie befürchten, eine Partnerin zu verlieren, tun sie so, als hätten sie eine Gefahr entdeckt: Sie schnauben und schauen intensiv in eine bestimmte Richtung.

Aus Angst vor einer Bedrohung durch Löwen, Geparden, Leoparden oder Menschen bleiben die Weibchen dann in der Nähe des Männchens. Dadurch erhöht dieses seine Chancen auf Sex mit ihnen.

Auf diese betrügerische Strategie stießen Wissenschaftler Jakob Bro-Jørgensen von der University of Liverpool, Großbritannien und Wiline Pangle von der Michigan State University. Die Forscher hatten sich gewundert, wieso sie häufig keine Bedrohung erkennen konnten, wenn die Antilopen-Männchen Alarm schlugen.

Schließlich stellten sie fest: Es gab in vielen Fällen tatsächlich keine Gefahr. Vielmehr führten die männlichen Tiere die Weibchen gezielt hinters Licht. Und Dutzende Male kamen damit durch, bevor die Weibchen sich schließlich nicht mehr für das ständige Warnen interessierten.

Auch andere Tiere lügen und betrügen

"Unsere Studie zeigt, dass Männchen den Trick ziemlich regelmäßig anwenden, wenn Weibchen in der Brunft sind", erklärt Bro-Jørgensen. So kamen auf einen echten Warnruf der Männchen neun betrügerische.

"Man könnte sich fragen, wieso die Weibchen überhaupt noch auf die Warnungen reagieren. Die Antwort scheint zu sein, dass die Weibchen immer noch besser dastehen, wenn sie vorsichtig bleiben. Denn auf einen echten Alarm nicht zu reagieren, könnte an einem Ort voller Raubtiere wie dem Masai Mara Nationalpark leicht tödlich sein."

Weil Männchen, die mit dieser Strategie Erfolg haben, sich häufiger fortpflanzen, konnte sich dieses Verhalten unter den Antilopen durchsetzen.

Lügen und Betrügen ist im Tierreich keine Seltenheit. Manche Vögel täuschen gebrochene Flügel vor, um Räuber von ihrem Nest wegzulocken, andere schrecken Artgenossen mit Warnrufen auf, um sie von einer Futterquelle zu vertreiben. Auch Schimpansen legen sich gegenseitig mit Alarmschreien herein, um Nebenbuhler zu verjagen.

Die Strategie, Weibchen Angst zu machen, um sie anschließend zu begatten, wurde allerdings bisher noch nie beobachtet, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin American Naturalist.

Demnach gibt es mehr Formen von Betrug unter Tieren als bislang angenommen.

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