Ausgerechnet der Firnis, ein klarer Lack, der Vincent van Goghs Gemälde "Blumen in blauer Vase" vor den Zeichen der Zeit schützen sollte, ist dafür verantwortlich, dass sich einige leuchtend gelbe Blumen orange-grau verfärbt haben. Mithilfe einer Röntgenanalyse entschlüsselte ein internationales Forscherteam am Deutschen Elektronensynchrotron DESY in Hamburg und an der Europäischen Synchrotronquelle ESRF im französischen Grenoble einen bis dato unbekannten Zersetzungsprozess, der sich zwischen Farbe und Firnis abspielt ( Analytical Chemistry, online).
Van Gogh hatte das Gemälde 1887, drei Jahre vor seinem Tod, in Paris gemalt und dafür das damals relativ neue Pigment Cadmiumgelb (chemisch: Cadmiumsulfid) verwendet. Die Analyse mikroskopisch kleiner Farbproben ergab, dass Sulfat-Ionen aus der Farbe mit Blei aus dem Firnis sogenanntes Bleivitriol gebildet hatten.
"An der Grenzschicht zwischen Farbe und Firnis bildete sich zudem mit Abbauprodukten aus dem Firnis eine Schicht aus Cadmiumoxalat", sagt ESRF-Forscherin Marine Cotte. Beide Reaktionen zusammen sorgen laut den Wissenschaftlern für eine orange-graue Kruste auf den cadmiumgelben Bereichen des Gemäldes.
Den verwelkten Blumen neues Leben einzuhauchen, sei vorerst nicht möglich, denn der Schutzlack lasse sich nicht entfernen, ohne die sehr brüchige Cadmiumfarbe zu beeinträchtigen, so Margje Leeuwestein, Konservatorin am Kröller-Müller-Museum im niederländischen Otterlo, in dessen Besitz sich das Kunstwerk befindet. Wie die meisten seiner Gemälde hat van Gogh seine Blumen in blauer Vase nicht selbst mit einem Firnis versehen. Dieser wurde einem Teil seiner Werke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachträglich hinzugefügt. Die undurchsichtige Kruste zeigte sich bei der jüngsten Konservierungsbehandlung im Jahr 2009.