USA:Republikanische Klimadämmerung

USA: Kohlekraftwerk in Kansas: 70 Prozent der US-Bevölkerung fürchten die Folgen der Erderwärmung

Kohlekraftwerk in Kansas: 70 Prozent der US-Bevölkerung fürchten die Folgen der Erderwärmung

(Foto: AP)
  • Viele Mitglieder der neuen US-Regierung leugnen die Ursachen des globalen Klimawandels. Es wird befürchtet, dass Donald Trump aus dem Pariser Klima-Abkommen aussteigt.
  • In der amerikanischen Bevölkerung ist die Klimaskepsis weniger verbreitet: 70 Prozent glauben, dass künftige Generationen unter der Erderwärmung leiden.
  • Mittlerweile gibt es auch einige Republikaner, die den Klimawandel ernst nehmen. Sie schlagen etwa eine Kohlenstoffsteuer, um den Ausstoß an Treibhausgasen zu begrenzen.

Von Sacha Batthyany, Washington

Das ist einmalig auf der Welt. In keinem anderen Land ist eine so offen klimaskeptische Partei an der Macht wie die Republikaner in den USA. Ihre Führer ignorieren die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und bezeichnen die Erderwärmung mal als "Scherz", mal als "Erfindung der Chinesen". Das "Who's who" der Klimaverweigerer unter den Konservativen ist lang und schillernd und beginnt bei Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf die Klimaveränderung stets ein "Gerücht" nannte.

Mike Pence, der Vizepräsident, spricht so wenig wie möglich über den Klimawandel, dafür umso mehr über die Kohlekraftwerke, die seinen Bundesstaat Indiana mit Energie versorgen. "Alle sprechen vom Temperaturanstieg", sagte er 2014 im Fernsehen, "aber so warm war es in jüngster Zeit nun auch wieder nicht."

Was steigende Temperaturen bedeuten, ist den meisten Amerikanern wohl bewusst

Steve Bannon, Chefstratege im Weißen Haus, will den Präsidenten offenbar dazu bringen, aus dem Pariser Klima-Abkommen auszusteigen. Vor seiner Beraterzeit war er zuständig für die News-Seite Breitbart, die regelmäßig Artikel verfasst mit Titeln wie "Klimawandel - die größte Verschwörungstheorie aller Zeiten" oder "Globaler Temperaturschwund: Jetzt sind die Klima-Hysteriker plötzlich ruhig".

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Scott Pruitt, immerhin Direktor der Umweltbehörde EPA, behauptete im März, der Kohlendioxid-Ausstoß sei nicht die Hauptursache der Erderwärmung. James Inhofe, Senator von Oklahoma und Mitglied des Umweltausschusses, schrieb 2012 ein Buch mit dem Titel "Der größte Schwindel: Wie die Klimaerwärmungslüge unsere Zukunft bedroht". Und zu guter Letzt vielleicht noch Lamar Smith, Abgeordneter aus Texas und Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Technologie. Für Lamar, einen Juristen, führen "verschiedene Faktoren zur Veränderung des Klimas", dazu gehörten die Sonnenaktivität, natürliche Zyklen und menschliches Handeln. "Was Klima-Alarmisten allerdings behaupten", so Lamar, sei "oft gelogen und völlig übertrieben."

Im Unterschied zur republikanischen Partei (GOP) ist die Klimaskepsis in der amerikanischen Bevölkerung weniger verbreitet. Gemäß einer Studie der Yale-Universität glauben immerhin 70 Prozent der Befragten daran, dass zukünftige Generationen unter dem Klimawandel leiden werden. Nirgends aber sei der prozentuale Anteil an Klimalügnern so hoch "wie unter der Kuppel des US-Kapitols", sagt Judith Enck, eine ehemals leitende Angestellte der Umweltbehörde EPA, die an dem Tag von ihrem Posten zurücktrat, an dem Donald Trump als Präsident vereidigt wurde. "Männer wie Mike Pence sind nicht dumm", sagt Enck im Gespräch mit der SZ. "Sie wissen, dass der Klimawandel Tatsache ist, sie lesen die Berichte der Nasa. Nur reden sie im Auftrag der Ölindustrie und behaupten das Gegenteil, weil sie auf deren Gelder angewiesen sind." So einfach sei das Politgeschäft manchmal, sagt Enck. "Und so grässlich."

Aber die gesamte Republikanische Partei unisono als klimaskeptisch zu bezeichnen, wäre falsch. Hinter vorgehaltener Hand, heißt es, möchten viele eine umweltfreundlichere Politik einschlagen. Und dann gibt es jene, die das auch laut tun: Ältere, verdiente Republikaner um James A. Baker III., Außenminister unter George Bush, vertreten das "konservative Argument" für Klimamaßnahmen. Sie fordern eine Kohlenstoffsteuer, die Obamas "Wust an Regulierungen", ersetzen soll. Die Einnahmen aus der Steuer, die bei 40 Dollar je Tonne beginnt und schrittweise steigen soll, würden an die Bevölkerung gehen.

Selbst in Trumps Kabinett gibt es Stimmen, die den Klimawandel ernst nehmen. Verteidigungsminister James Mattis sagte jüngst, die Erderwärmung würde über künftige Kriege und Migrationswellen entscheiden und sei nicht kleinzureden. Und während Präsident Trump Mitte der Woche Obamas Clean Power Plan rückgängig machte, präsentierten über ein Dutzend republikanische Abgeordnete die "Klima-Resolution", in der sie eine Klimapolitik fordern, die die Treibhausgas-Emissionen verringert, aber der Wirtschaft nicht im Weg steht.

Auffallend ist, dass - abgesehen von der Gruppe um Ex-Außenminister Baker - viele dieser Klimabefürworter innerhalb der GOP relativ jung sind; so auch die 13 konservativen Mitglieder des "Klima-Lösungs-Caucus" im Kongress, darunter Mia Love, Abgeordnete aus Utah und gemäß Time Magazine ein "zukünftiger Star" ihrer Partei. So wie bei Präsident Trumps gescheitertem Versuch, das Krankenversicherungsgesetz seines Vorgängers Obama abzuschaffen, so steht die Partei auch bei seiner "Abkehr vom Klimawandel" (New York Times) nicht geschlossen hinter ihm. War es bei Obamacare eine Gruppe konservativer Haudegen der Gruppe "Freedom Caucus", die Trumps Vorhaben blockierten und ihm eine herbe politische Niederlage bescherten, so sind es im Klimawandel vornehmlich die Jungen, die die Partei in den Jahren nach Trump prägen werden und ihm nun die Gefolgschaft verweigern.

"Lange Zeit werden Trump und die Republikanische Partei im Allgemeinen ihre Klimaskepsis nicht mehr aufrechterhalten können", sagt Umweltschützer Al Gore, Vizepräsident unter Bill Clinton. Der Widerstand unter Republikanern wachse, ist sich Gore sicher. Da nützt es auch nichts, wenn man Abtrünnigen innerhalb der eigenen Partei den Krieg erklärt, wie das Donald Trump diese Woche tat. Trump twitterte am Donnerstag, er werde den Freedom Caucus in den Zwischenwahlen 2018 "bekämpfen".

Ob Obamacare oder Klimawandel - dem amerikanischen Präsidenten fehlt es an Rückhalt.

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