USA:Klimawandel? Glaubensfrage!

Schwere Dürre in Kalifornien

Mehr als sieben Jahre hält die Dürre in Kalifornien schon an.

(Foto: Michael Nelson/dpa)

Viele Amerikaner leugnen den Klimawandel noch immer mit großer Inbrunst. Das hat vor allem mit ihrer politischen Überzeugung zu tun. So sieht ein Politiker irgendwo Schneeflocken und schließt daraus, dass es noch kalt genug ist auf Erden.

Von Nicolas Richter

Neulich erschien der republikanische Präsidentschaftskandidat Ted Cruz im Fernsehen, und der Moderator sagte zu ihm: "Die Welt brennt, und zwar im Wortsinne. Wir hatten eben das heißeste Jahr aller Zeiten." Cruz antwortete: "Ich komme gerade aus dem Staat New Hampshire, dort liegt überall Schnee und Eis. Die Alarmisten der Erderwärmung haben ein Problem, weil ihre Aussagen nicht wissenschaftlich gedeckt sind. Satellitendaten beweisen, dass sich in den vergangenen 17 Jahren nichts erwärmt hat. Überhaupt nichts."

Einer Studie der Universität Yale zufolge denken zwar 63 Prozent der Amerikaner, dass sich die Erde erwärmt, aber noch immer ist weniger als die Hälfte davon überzeugt, dass der Mensch dafür verantwortlich ist. In den USA ist all dies mehr Glaubens- als Wissensfrage, und die Überzeugungen hängen stark vom politischen Hintergrund ab. Als das Meinungsforschungsinstitut Pew im vergangenen Jahr fragte, ob es Beweise gebe für eine globale Erwärmung, antworteten 79 Prozent der Demokraten und 61 Prozent der Parteilosen mit Ja. Unter den Republikanern waren es nur 37 Prozent. Das bedeutet, dass zwei Drittel der Republikaner den wissenschaftlich kaum umstrittenen Konsens ignorieren, wonach es immer heißer wird.

Nichts polarisiert so sehr

Neue Zahlen belegen sogar, dass nichts in den Vereinigten Staaten politisch so sehr polarisiert wie die Frage, ob Klimawandel eine Priorität sein müsse. Erkundigt man sich bei Demokraten, um welches Thema sich die Politiker in Washington vorrangig kümmern sollten, so antworten 54 Prozent der Demokraten mit Erderwärmung - aber nur 15 Prozent der Republikaner. Diese Zahlen, im Januar von Pew veröffentlicht, offenbaren ein Gefälle von immerhin 39 Prozentpunkten, so groß wie bei keinem anderen Thema.

Zur Begründung hört man die abenteuerlichsten Argumente. Oft sind sie anekdotisch wie bei Ted Cruz: Ein Politiker hat irgendwo Schneeflocken gesehen und schließt daraus, dass es jedenfalls noch kalt genug ist auf Erden. Andere hinterfragen die Motive der Klimaexperten und vermuten eine Verschwörung der Vereinten Nationen, um die USA zu schwächen. Wieder andere berufen sich auf Gott: Der habe die Erde mit Gas und Öl beschenkt, damit der Mensch es verbrenne, und wenn es einen Klimawandel gebe, dann liege dieses Phänomen ohnehin in der Verantwortung des Allmächtigen.

Es ist seit Jahren offensichtlich, dass sich die Sichtweise von Wissenschaft und Öffentlichkeit in den USA sehr stark unterscheidet. Die Zeitschrift American Psychologist hat dies im Jahr 2011 untersucht und drei Ursachen ausgemacht. Erstens sei der Klimawandel als meist unsichtbares Phänomen überhaupt schwer zu begreifen. Zweitens hänge die Wahrnehmung vieler Menschen weniger von wissenschaftlichen Beweisen ab als von ihren Werten und ihrer Weltanschauung. Drittens hätten die meisten Amerikaner die Folgen des Klimawandels schlicht nicht am eigenen Leib gespürt. Persönliche Erfahrungen aber seien oft entscheidend für die Urteilsbildung.

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