US-Experten zur Schweinegrippe:Vorsichtige Entwarnung

Die Schweinegrippe breitet sich weiter aus. Auch in Deutschland gibt es einen neuen Verdachtsfall. US-Experten halten den neuen Erreger dennoch für weniger gefährlich als zunächst befürchtet.

Trotz weiterer Ausbreitung der Schweinegrippe haben US-Wissenschaftler eine vorsichtige Entwarnung gegeben. Demnach weist der vorliegende Virustyp von H1N1 nicht dieselben todbringenden Eigenschaften auf wie der Erreger der katastrophalen Spanischen Grippe von 1918/19.

US-Experten zur Schweinegrippe: Ein Passagier in der Hongkonger U-Bahn versucht, sich mittels Mundschutz vor Ansteckung zu schützen. Aus Hongkong wurde der erste Erkrankungsfall in Asien gemeldet.

Ein Passagier in der Hongkonger U-Bahn versucht, sich mittels Mundschutz vor Ansteckung zu schützen. Aus Hongkong wurde der erste Erkrankungsfall in Asien gemeldet.

(Foto: Foto: AFP)

Das Schweinegrippe-Virus verhalte sich weltweit bislang eher wie eine gewöhnliche, jahreszeitlich bedingte Grippe, teilte das US-Zentrum für Seuchenkontrolle weiter mit. In vielen Fällen sei es außerdem durch den Virus nur zu einer leichten Krankheit gekommen, die nicht sofort bemerkt worden sei.

"Wir sehen nicht die Anzeichen für die Virulenz, die in dem Virus von 1918 festgestellt wurden", sagte die Grippeexpertin Nancy Cox von US-Zentrum für Seuchenkontrolle und Prävention am Freitag in Atlanta.

Das neue Virus sei eine "sehr ungewöhnliche Kombination" aus menschlichen Genen und Schweinegenen, die in Nordamerika, Asien und Europa gefunden worden seien, sagte Cox. Doch fehlen dem Erreger ihr zufolge genau die Genabschnitte, die den Auslöser der Spanischen Grippe so tödlich gemacht hatten. Für eine genaue Einschätzung der potentiellen Auswirkungen des neuartigen Virus' sei es aber noch zu früh.

Verdachtsfall in Köln

Die Experten machen sich derzeit ein Bild von dem Erreger, der nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation eine weltweite Epidemie auslösen könnte. Genetische Analysen hätten ergeben, dass sich das Virus nicht verändert habe, sagte Zentrumsärztin Anne Schuchat.

Unterdessen breitet sich die Schweinegrippe weiter aus. In Deutschland gibt es nach fünf bestätigten Schweinegrippe-Fällen einen weiteren Verdachtsfall in Köln. Eine Sprecherin der Stadt teilte am Samstag mit, ein 40-jähriger Mann, der von einer Brasilienreise mit Grippesymptomen nach Köln zurückgekehrt sei, werde in einem Kölner Krankenhaus behandelt.

Er befinde sich inzwischen auf dem Weg der Besserung. Bei ihm sei jedoch Influenza A nachgewiesen worden. Nun werde im Robert-Koch-Institut in Berlin getestet, ob es sich um den besonderen Typ des "Schweinegrippe-Virus" handelt.

Auch in Großbritannien ist die Zahl der Schweinegrippe-Fälle erneut gestiegen. Mittlerweile haben sich 15 Menschen im Königreich das Virus eingefangen, wie das Europäische Zentrum für Seuchenbekämpfung in Stockholm meldete. Zwei der Erkrankten waren zuvor nicht in Mexiko, sondern haben sich bei zurückgekehrten Mexiko-Urlaubern angesteckt.

In Mexiko macht sich derweil die Hoffnung breit, dass das Land die Grippe bald unter Kontrolle bekommen könnte. Das Gesundheitsministerium reduzierte seine Schätzung für die Zahl der Menschen, die vermutlich an dem neuen Virus gestorben sind, auf 101 von zuvor 176.

Der Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Marcelo Ebrard, sagte, dass die Notmaßnahmen langsam zum Erfolg führten. In die Krankenhäuser würden mittlerweile weniger Menschen mit Grippe-Symptomen eingliefert.

Nachweislich sind bislang 16 Menschen in Mexiko an dem Virus gestorben, wie der mexikanische Gesundheitsminsiter José Ángel Córdova am Freitagabend mitteilte. Die Zahl der Infizierten lag bei 397.

Außer in Mexiko gab es bislang noch einen Schweinegrippe-Toten in den USA -ein Kleinkind aus Mexiko, das mit seinen Eltern nach Texas gereist war. In den Vereinigten Staaten wurden 141 Erkrankungen bestätigt.

Am Freitag hatte die Schweinegrippe auch Asien erreicht. Ein 25 Jahre alter Mann in Hongkong war erkrankt, nachdem er von einer Mexikoreise zurückgekehrt war. Am Samstag wurde zudem ein erster Fall in Südkorea gemeldet.

Weltweit sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als 330 Infektionen mit dem neuen Grippevirus bestätigt. Nach Angaben des EU-Zentrums für Seuchenbekämpfung (ECDC) ist die Zahl der bestätigten Schweinegrippe-Erkrankungen sogar auf deutlich mehr als 500 gestiegen.

China strich am Samstag alle Direktflüge aus Mexiko, um die Möglichkeiten von Infektionen mit der Schweinegrippe einzudämmen. Außerdem versuchten die Behörden, weitere Menschen ausfindig zu machen, die mit dem Erkrankten aus Hongkong zusammen in einem Flugzeug gesessen hatten. 30 der insgesamt 41 Reisenden wurden bereits aufgespürt und unter Quarantäne gestellt.

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