Ungeklärte Todesfälle:Nach der Impfung verstorben

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In Deutschland und Österreich sind zwei junge Frauen kurz nach einer Gebärmutterhalskrebs-Impfung gestorben. Ein Zusammenhang ist umstritten. Die Impfung selbst aber auch.

Christina Berndt

Seit gut einem Jahr gibt es in Deutschland eine neue Impfung: Sie wappnet den Körper gegen Papillomviren (HPV) und soll so junge Mädchen und Frauen vor Gebärmutterhalskrebs schützen.

Der Impfstoff gegen HPV wurde sehr schnell zugelassen. (Foto: Foto: AP)

Doch nun sind zwei Todesfälle bekannt geworden, die erneut eine Diskussion über diese Impfung auslösen. Schon im Sommer 2007 ist in Deutschland ein 17-jähriges Mädchen völlig unerwartet gestorben - einen Tag nach einer Spritze mit dem HPV-Impfstoff Gardasil.

In Österreich verlor dann im Oktober, drei Wochen nach einer Gardasil-Impfung, die 19-jährige Jasmin S. ihr Leben. Der Tod beider Frauen kam aus heiterem Himmel, sie waren zuvor augenscheinlich gesund gewesen. "Die HPV-Impfung muss der Auslöser für ihren Tod gewesen sein", sind Jasmins Eltern überzeugt.

Experten teilen diese Auffassung nicht. Bei beiden Frauen kamen die Pathologen zu dem Schluss, es handele sich um plötzliche, ungeklärte Todesfälle.

"Keine Hinweise auf die Todesursache"

Im Fall der jungen Deutschen konstatierte das für die Überprüfung von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut: "Aus den Ergebnissen der Obduktion ergeben sich keine Hinweise auf eine mögliche Ursache für den Tod der jungen Frau." Ein Zusammenhang mit der Impfung lasse sich weder bestätigen noch ausschließen.

Insgesamt sei die HPV-Impfung gut verträglich, betonen die Berufsverbände der Frauenärzte sowie der Kinder- und Jugendärzte. Seit Oktober 2006 seien 2,2 Millionen Impfdosen in Deutschland und Österreich verkauft worden; mehr als 700.000 Frauen und Mädchen hätten demnach mindestens eine von drei Impf-Spritzen erhalten.

Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden aber nur 189 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemeldet - die meisten davon harmlos wie kurzzeitige Schmerzen an der Injektionsstelle, leichtes Fieber oder Kopfschmerzen.

"Plötzliche ungeklärte Tode treten auch ohne Impfungen auf", sagt Institutspräsident Johannes Löwer. So habe es im Jahr 2006 in Deutschland 22 ungeklärte Todesfälle bei Mädchen zwischen 15 und 20 Jahren gegeben - statistisch gesehen stirbt damit eines von 100.000 Mädchen, ohne dass eine Ursache gefunden wird. Es sei daher anzunehmen, dass sich die beiden Todesfälle nur zufällig in zeitlicher Nähe zur Impfung ereigneten.

Mit diesem Hinweis mache es sich das Paul-Ehrlich-Institut zu leicht, findet Wolfgang Becker-Brüser: "Mit dem Verweis auf den statistischen Zufall kann man jeden Verdacht auf Nebenwirkungen nivellieren", so der Mediziner vom pharmakritischen Arznei-Telegramm. "Wenn gesunde, junge Frauen sterben, muss man das in jedem Fall ernst nehmen."

Solange ein Zusammenhang zwischen Impfungen und Todesfällen weder zu belegen noch auszuschließen sei, tritt für Becker-Brüser eine entscheidende Frage in den Vordergrund: Ist der Nutzen der Impfung überhaupt groß genug?

Unklarer Nutzen

Im Eiltempo hatte die für Impf-Empfehlungen zuständige Ständige Impfkommission (Stiko) die HPV-Impfung nur wenige Monate nach ihrer Zulassung empfohlen.

Weil die Viren beim Sex übertragen werden und der Impfstoff nur vor der ersten Ansteckung Krebs verhindern hilft, sollen nach dem Willen der Stiko alle Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren geimpft werden. Die Krankenkassen müssen die Kosten für diese teuerste Impfung aller Zeiten übernehmen.

Doch Kritiker bemängeln schon seit der Zulassung, dass der Nutzen der noch nicht gut untersuchten Impfung gar nicht groß genug sei. Die HPV-Spritzen schützen ohnehin nicht vor allen Papillomviren und auch nicht hundertprozentig, sodass auch geimpfte Frauen weiterhin zur Krebsfrüherkennung gehen sollten, sagt der Sozialepidemiologe Heinz-Harald Abholz von der Universität Düsseldorf.

Gynäkologen könnten dabei Frühstadien von Gebärmutterhalstumoren in den allermeisten Fällen mittels PAP-Abstrich erkennen. Früh entdeckt, sind die Heilungschancen für den Krebs hervorragend.

"Man könnte also gut und gerne auf die HPV-Impfung verzichten", sagt Becker-Brüser. "Und solange es alarmierende Nachrichten im Zusammenhang mit der Impfung gibt, auch wenn sie noch so vage sind, fällt die Bewertung für mich bis zum Beweis des Gegenteils negativ aus."

© SZ vom 30.01.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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