Unbemannte US-Rakete explodiert:Feuerball vor Wallops Island

  • Eine Antares-Rakete ist in den USA wenige Sekunden nach dem Start explodiert.
  • An Bord befand sich eine Raumkapsel mit Nachschub für die Raumstation ISS.
  • Die Ursache der Explosion ist noch unklar.
  • Der Unfall wirft ein Schlaglicht auf die Zusammenarbeit der Nasa mit privaten Raumfahrt-Firmen.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Etwa zehn Sekunden lang sah alles gut aus, dann verwandelte sich die Antares-Rakete in einen gigantischen Feuerball und krachte zurück auf ihre Startrampe am Meer. Innerhalb kurzer Zeit war das 200 Millionen US-Dollar teure Gefährt verbrannt.

Die US-Raumfahrt hat schon schlimmere Katastrophen erlebt als das, was am Dienstag um 18:22 Uhr vor der Halbinsel Wallops Island im Bundesstaat Virginia passiert ist. Menschen kamen bei der Explosion der unbemannten Rakete nicht zu Schaden; die 2,3 Tonnen Material, die von der geladenen Raumkapsel Cygnus auf die internationale Raumstation ISS gebracht werden sollte, seien "nicht überlebensnotwendig", erklärte ein Nasa-Vertreter.

Amerikas Luft- und Weltraumbehörde spricht im Fachjargon von einer "katastrophalen Anomalie" während des Starts, doch Kritiker der Nasa-Strategie haben für die Ursachen eine einfachere Erklärung: Outsourcing.

Schon seit längerem sinkt das Budget der Behörde. Gleichzeitig will sie von 2017 an wieder Astronauten ins All schicken, um nicht mehr auf die Transportflüge der Russen angewiesen zu sein. Ein Dilemma. Als Lösung galt deshalb die Vergabe wichtiger Aufträge an private Firmen.

Für die missglückte Mission vom Dienstag, die von zahlreichen Privatpersonen gefilmt worden war (siehe Videos), war das Unternehmen "Orbital Sciences Corporation" aus Virginia verantwortlich. 1,9 Milliarden Dollar zahlte die Nasa für insgesamt acht Transportflüge zur ISS - nun scheiterte bereits der dritte Versuch. "Es ist viel zu früh für Erkenntnisse zum Hergang", erklärte Orbital-Vorstandsmitglied Frank Culbertson. Man werde die Lehren daraus ziehen und weitere Missionen fliegen. Aber zunächst einmal wolle man die Ursachen erforschen, um sicherzugehen, dass so etwas nicht mehr passiere. Der Aktienkurs der Firma brach um 15 Prozent ein.

In den vergangenen Monaten hatten Nasa-Vertreter Orbital wegen ihrer günstigen Kosten-Strategie gelobt. Die Cygnus-Kapsel stammt beispielsweise aus Italien, das Triebwerk der ersten Stufe der Rakete Antares ist eine aktualisierte Version sowjetischer Raketentechnik und trägt den Namen AJ-26. Wie das Fachmagazin Aviation Week berichtet, hatte ein AJ-26-Antrieb im Sommer einen Hochtemperatur-Feuertest nicht bestanden, als er für den Einsatz in 2015 geprüft wurde. Am Dienstag kam allerdings auch erstmals ein stärkerer zweiter Antrieb zum Einsatz, der vom US-Rüstungskonzern Alliant Techsystems stammt, mit dem Orbital derzeit fusioniert.

Bis die tatsächliche Ursache klar ist, könnten mehrere Wochen vergehen. Am Morgen soll die Untersuchung rund um den fast 70 Jahre alten Raketenbahnhof beginnen und auch die Bergung der Trümmerteile anlaufen. Da sich eine nicht näher spezifizierte "Crypto-Ausrüstung" an Bord befand, wird die Bergung als sicherheitsrelevant eingestuft. Die Anlage in diesem Teil des Mid-Atlantic Regional Spaceport wurde erheblich beschädigt.

Die sechsköpfige Besatzung der ISS, darunter der Deutsche Alexander Gerst, soll nach Angaben des Nasa-Verantwortlichen Mike Suffredini "enttäuscht" über die fehlgeschlagene Mission sein. Zu dem vernichteten Material gehören neben Nahrung und Werkzeugen auch zahlreiche Versuchs-Ausrüstungen, unter anderem zur chemischen Analyse verglühender Meteoriten.

Lange muss die Besatzung allerdings nicht auf Nachschub warten: Russland wird am Morgen eine Sojus-Rakete mit einem Raumfrachter in Richtung ISS schicken. Und auch die Nasa hat eine zweite Versorgungslinie für die ISS: Am 9. Dezember soll der nächste Flug der US-Firma SpaceX Richtung Orbit starten, womöglich bepackt mit einer Zusatzladung. Die Firma des Tesla-Gründers Elon Musk gilt als härtester Orbital-Konkurrent im Kampf um die Nasa-Millionen.

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