Pulgar-Vidal setzt auf den "Geist von Lima"
Dieser Tage redet Manuel Pulgar-Vidal gerne vom Geist. Peru sei ein mystisches Land, sagt er dann. Und so gebe es auch einen "Geist von Lima". Es ist dieser Geist, der Pulgar-Vidal, 52, durch diese schwierigen Tage tragen soll, durch die heiße Phase der Klimakonferenz in Lima.
Seit auf den Tag genau drei Jahren ist der Jurist der Umweltminister Perus, und damit ist er automatisch Präsident der Klimakonferenz. Wenn es der Geist von Lima gut mit ihm meint, dann steht in der Nacht zum Samstag irgendwann ein Text, auf den sich alle Staaten einigen können.
Und dann sind mit diesem Text schon viele der Stolpersteine ausgeräumt, die auf dem Weg zu einem neuen globalen Klimaabkommen noch herumliegen. "Welcome to act", so begrüßt er die Minister aus aller Welt: Willkommen zum Handeln.
So ähnlich war er auch einst als Umweltminister angetreten. Erst seit 2008 gibt es so ein Ministerium in Peru, Pulgar-Vidal war der erste Minister, der etwas vom Fach verstand. 27 Jahre lang hatte er sich mit Umweltrecht beschäftigt, mit dem Widerstreit der Interessen. Anfang der 80er Jahre gründete er eine Vereinigung von Umweltjuristen, an der katholischen Universität von Lima lehrte er das Recht der Ökologie - in einem Land, in dem die Umwelt derzeit keinen leichten Stand hat.
Laxere Umwelstandards für Wirtschaftswachstum
Denn der Wind hat sich gedreht. Jahrelang wurde Peru vom Wirtschaftswachstum verwöhnt, in diesem Jahr aber lahmen die Geschäfte - nicht zuletzt, weil sich mit Kupfer und Gold nicht mehr so viel verdienen lässt wie in den Jahren zuvor. Verzweifelt versucht die Regierung derzeit, das Wachstum anzukurbeln - mit einem Investitionspaket, aber auch mit Erleichterungen für Investoren.
Laxere Umweltstandards sollen helfen, ausländisches Kapital anzuziehen. Während Pulgar-Vidal die Staaten in Vier-Augen-Gesprächen auf Klimaschutz einschwört, führt er im eigenen Land einen Abwehrkampf; gegen das Wirtschaftsministerium, aber auch gegen Staatspräsident Ollanta Humala.
Dabei hat es die Umwelt in Peru schonschwer genug: Von illegalen Minen aus werden giftige Abwässer in Flüsse geleitet, und den Regenwald plündern Holzfäller, die zwar Axt und Sägen, aber kein Eigentum am Wald haben. Bitter genug für einen Umweltjuristen: Es mangelt nicht an Gesetzen, sie werden nur vielerorts nicht umgesetzt.
"Extreme Profite können nie eine Rechtfertigung sein, das Gesetz zu brechen", sagt Pulgar-Vidal. Mit Runden Tischen versuchte er zuletzt, Konflikte zwischen Bergbau-Unternehmen und der indigenen Bevölkerung beizulegen. Doch sein Kampf bleibt einsam, der Erfolg rar.
Präsident der Klimakonferenz legt wichtige Kompromisse vor
Zwischen 2002 und 2014 wurden in Peru 57 Umweltschützer ermordet, hat die Umweltorganisation Global Witness gezählt - die meisten bei dem Versuch, den Regenwald vor Holzfällern oder neuen Minen zu schützen. Im September starben vier Menschen, die sich gegen Holzfäller wehrten - in einem Land, das zum Klimaschutz beitragen will, indem es die Entwaldung stoppt.
Aber in Dörfern, die sich nur über tagelange Kanufahrten erreichen lassen, ist das schwer umzusetzen. Pulgar-Vidal ist Advokat einer gefährdeten Spezies in einer Regierung, die derzeit ganz andere Prioritäten setzt. Zu beneiden ist er nicht.
Bei der Klimakonferenz aber agiert er bisher mit viel Geschick. Geduldig hat er sich die Positionen angehört, nun wird er die Dinge antreiben müssen. Oft ist es der Präsident der Konferenz, der die entscheidenden Kompromisse vorlegt. Der kleine Verhandlungsgruppen der Willigen bildet, die dann die schwierigen Fragen lösen sollen. Ob es ihm gelingt? Pulgar-Vidal ist sich sicher. Schließlich hat er den Geist auf seiner Seite.