Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Schädliche Substanzen im Regenwasser

Zu den PFAS gehörende Chemikalien sind kaum abbaubar. Wegen Gesundheitsgefahren wurden die Grenzwerte vielerorts gesenkt. Nun werden diese selbst in Regenwasser entlegener Weltregionen überschritten.

Selbst in den entlegensten Weltregionen sind extrem langlebige und gesundheitsschädliche per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in hohen Konzentrationen im Regenwasser nachweisbar. Das berichten Forscher um Ian Cousins von der Universität Stockholm und Martin Scheringer von der ETH Zürich im Fachjournal Environmental Science & Technology.

Angewandt werden PFAS, zu denen mehr als 4700 Verbindungen zählen, etwa für wasserabweisende, atmungsaktive Textilien, schmutz-, fett- und wasserabweisendes Papier, Skiwachs und Feuerlöschmittel. Einige PFAS gelten als krebserregend, 2017 zeigte eine Studie, dass PFAS sehr wahrscheinlich die Wirkung von Impfungen bei Kindern verringern.

Das derzeitige Verständnis der biologischen Auswirkungen von PFAS basiert hauptsächlich auf Studien zu vier Perfluoralkylsäuren. Deshalb untersuchten die Forscher Messungen dieser Säuren im Regenwasser verschiedener Weltregionen. So lag die Menge an Perfluoroktansäure (PFOA) an sämtlichen Messstationen weit über dem aktuellen von der US-Umweltbehörde EPA empfohlenen Grenzwert für Trinkwasser. Nur Werte unter vier Billionstel Gramm pro Liter Wasser hält die EPA für unbedenklich. Selbst im kaum besiedelten Hochland von Tibet wurde dieser Wert im Regenwasser um etwa das 14-Fache überschritten, in der Antarktis war die Konzentration noch höher.

"Auf Basis der jüngsten US-Trinkwasser-Richtlinien für PFOA würde das Trinken von Regenwasser überall als unsicher eingestuft", wird Cousins in einer Mitteilung zur Studie zitiert. Wenn schon Regenwasser schädliche Mengen einzelner PFAS enthalte, dann sei die ökologische Belastungsgrenze des Planeten im Hinblick auf diese vom Menschen geschaffenen Substanzen bereits überschritten, argumentieren die Forscher.

Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass PFAS irgendwann im Meer landen und dort so stark verdünnt werden, dass sie ungefährlich werden. Doch kürzlich wiesen Wissenschaftler nach, dass Perfluoralkylsäuren über die Aerosole von Gischt wieder in die Atmosphäre gelangen können. Demnach hätte sich ein Kreislauf dieser biologisch nicht abbaubaren Substanzen etabliert. "Die extreme Langlebigkeit und der kontinuierliche globale Kreislauf bestimmter PFAS werden dazu führen, dass die genannten Richtwerte weiterhin überschritten werden", sagt Scheringer.

Zwar überschreiten nicht alle untersuchten Perfluoralkylsäuren amerikanische oder europäische Trinkwasser-Grenzwerte. Doch die Forscher betonen, dass zur PFAS-Stoffklasse weit mehr als die vier untersuchten Säuren gehören.

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