Umwelt - Magdeburg:Land verteidigt Auswahl geförderter Strukturwandel-Projekte

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Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Naumburg/Magdeburg (dpa/sa) - Bis zum Jahr 2038 will Sachsen-Anhalt den Kohleausstieg bewältigen und der Wandel der Region hat bereits begonnen. In den Augen von Experten werden die finanziellen Hilfen dafür jedoch bisher nicht zielgerichtet genug eingesetzt oder kommen mitunter gar nicht mit dem Kernrevier in Berührung.

"Das Fördergebiet ist vom Bund sehr großzügig gewählt worden", sagte der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), am Freitag. Somit fielen auch Großstädte in die Förderkulisse, die bereits eine starke Anziehungskraft entfalteten und deren bereits vorhandene Forschungsdichte und -infrastruktur Technologie und Unternehmen anzögen. "Dort weiß man wenig vom eigentlichen Revier", bemerkte Ulrich mit Blick auf die Urheber der Förderung.

Weiter führte er aus, dass das Investitionsgesetz Kohleregionen "einige Konstruktionsmängel" habe. Diese seien "für die Umsetzung des Strukturwandels hier vor Ort von großem Nachteil". Als Beispiele nannte der Kommunalpolitiker das Förderverbot für Unternehmensansiedlungen, für den Straßenbau oder für die Bildungsinfrastruktur. "Darüber hinaus behindern uns die aktuell gültigen, oft langwierigen, Genehmigungs- und Planungsverfahren in Deutschland." Das Ziel, wegfallende Arbeitsplätze schnell neu zu schaffen, gestalte sich dadurch komplizierter.

Bereits am Donnerstag hatte das Ifo-Institut aus Dresden die fehlende Zielorientierung bei den bisherigen Strukturwandel-Projekten kritisiert. Eine Auswertung der für eine Förderung ausgewählten Projekte in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt habe gezeigt, dass die meisten Vorhaben eher der Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen für die Bevölkerung dienen sollten. Es stehe nicht die Ansiedlung von Unternehmen im Mittelpunkt.

Aus der Sicht des Landrates des Burgenlandkreises ist gegen eine Finanzierung von Projekten, die sich nicht vordergründig nach wirtschaftlichen Aspekten richteten, nichts einzuwenden. "Grundsätzlich sind auch Investitionen in die touristische Infrastruktur im Burgenlandkreis zu begrüßen." Sie steigerten die Attraktivität des Landkreises als Wohnstandort und die demografische Entwicklung vor Ort sei nicht zu unterschätzen. Allerdings sollten solche Vorhaben im Vordergrund stehen, die einen Bezug zum Kohleausstieg und zum Revier haben.

Die Landesregierung verteidigte im Gegenzug ihren bisherigen Kurs. "Bei der Entwicklung des sachsen-anhaltischen Teil des Mitteldeutschen Reviers verfolgt die Landesregierung einen ganzheitlichen Ansatz", sagte Franziska Krüger, Leiterin der Stabsstelle Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier Sachsen-Anhalt. Sowohl die harten als auch weichen Standortfaktoren für Unternehmen spielten bei der Projektauswahl eine Rolle.

Ein erfolgreicher Strukturwandel schließe auch die Stärkung der kulturellen Identität der Region ein, betonte Krüger. Die geplante Förderung des Unesco-Weltkulturerbes Dessau-Wörlitz, besitze beispielsweise "zweifellos eine überregionale Strahlkraft, die positive Effekte auf die kulturelle Identität, aber auch die wirtschaftlichen Kennzahlen des sachsen-anhaltischen Braunkohlereviers erwarten lässt".

Die Investition ins Gartenreich hatte Kritik hervorgerufen, da das Areal nicht im Kohlerevier liegt. Jede Maßnahme, die die Angebotsqualität und Attraktivität der sachsen-anhaltischen Unesco-Welterbestätten erhöhe, stärke zudem auch den Dienstleistungssektor in der umliegenden Region, erklärte Krüger.

Zur Gestaltung des durch den Kohleausstieg bedingten Strukturwandels im Mitteldeutschen Braunkohlerevier stehen laut der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2038 rund 4,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Als strategische Grundlage für eine ganzheitliche Revierentwicklung wurde in den vergangenen Wochen ein Strukturentwicklungsprogramm erarbeitet, das Anfang kommenden Jahres vorgestellt werden soll.

© dpa-infocom, dpa:211217-99-421619/4

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