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Umwelt - Frankfurt (Oder):Aufregung wegen Fischsterben an der Oder: Justiz ermittelt

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Frankfurt (Oder)/Warschau (dpa/bb) - Ein großes Fischsterben in der Oder beunruhigt Angler und Behörden in Brandenburg an der Grenze zu Polen. Tausende tote Fische wurden in dem Fluss entdeckt, ein Teil davon auf Höhe der Stadt Frankfurt (Oder) und umliegender Orte. Die Staatsanwaltschaft Wroclaw (Breslau) ermittelt wegen eines möglichen Umweltdelikts. Sind Giftstoffe auf polnischer Seite ins Wasser gelangt?

Die genaue Ursache des massiven Fischsterbens blieb bislang unklar. Jedoch konnte eine polnische Behörde an zwei Stellen eine giftige Substanz feststellen. Die Untersuchungen sollten aber weitergehen. Zudem war Kritik zu hören, der Informationsfluss sei nicht gut genug gewesen.

Die Stadt Frankfurt (Oder) sowie die Landkreise Märkisch-Oderland und Uckermark empfahlen am Mittwoch, den Kontakt zu Oderwasser und Wasser aus der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße zu meiden und keinen Fisch aus dem Fluss zu essen. Zudem wurde dazu geraten, das Wasser auch nicht für Viehtränken oder Bewässerung zu nutzen. Das Fischsterben seit aktuell in der Oder zwischen Finkenheerd und Genschmar zu beobachten, schrieb der Kreis Märkisch-Oderland.

Bereits Ende Juli kam es polnischen Medien zufolge zu ersten Berichten über Angler, die tote Fische am Ufer gefunden hatten. Inzwischen sind es nach Behördenangaben Tausende, die zunächst in Niederschlesien, inzwischen aber auch in der Wojwodschaft Lubuskie weiter nördlich gefunden wurden. Angler, die mehrere Tonnen toter Fische aus dem Fluss gefischt hatten, sprachen von einer "ökologischen Tragödie".

Inspektoren des Gewässeramts in Niederschlesien hatten den Berichten zufolge bereits Ende Juli Wasserproben an drei Stellen entnommen. Der hohe Sauerstoffgehalt im Wasser weiche von den typischen Sauerstoffkonzentrationen im Sommer ab, hieß es nach der Analyse. Es sei möglich, dass eine Substanz mit stark oxidierenden Eigenschaften ins Wasser gelangt sei, teilte die Behörde Anfang August mit. Zudem wurde an zwei Stellen die giftige Substanz Mesitylen nachgewiesen. Auf das Ergebnis weiterer Analysen werde noch gewartet, sagte ein Sprecher am Mittwoch.

Marek Cebula, der Bürgermeister der Ortschaft Krosno Odrzanskie, rief die Einwohner der Stadt am Mittwoch auf, das Oderufer und insbesondere Kontakt mit dem Wasser zu meiden, bis die Ursache des Fischsterbens geklärt sei. "Wir haben keine offizielle Mitteilung über eine Verunreinigung der Oder erhalten", schrieb er auf der Webseite der Stadt. Es sei bedauerlich, dass die Bürgermeister der Oder-Städte nicht von den zuständigen Behörden informiert worden seien. "Ein ordentlicher Informationsfluss ist hier Gold wert."

Bislang gebe es keine belastbaren Informationen über die Ursachen und die Konzentration eventueller Schadstoffe an den unterschiedlichen Flussabschnitten, hieß es von der Stadt Frankfurt (Oder). Die Behörden prüften derzeit die Hintergründe.

"Ich erwarte eine zügige Aufklärung des Vorfalls. Besonders erschreckend ist die intransparente Informationslage", sagte der Linke-Bundestagsabgeordnete Christian Görke. "Viele Menschen nutzen die Oder und die anliegenden Wiesen und Inseln wie den Ziegenwerder zur Erholung und bei den derzeitigen Temperaturen gehen dort auch schon mal Hund und Mensch zur Abkühlung ins Wasser." Der Informationsaustausch zwischen Polen und Deutschland auf Bundes- und Landesebene müsse hier deutlich besser werden, um die Menschen rechtzeitig zu warnen.

Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Sahra Damus aus Frankfurt (Oder) stellte infrage, ob die Meldekette und das deutsch-polnische Katastrophenmanagement im 25. Jahr nach der Jahrhundertflut gut funktioniert habe. Dies müsse zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden, sagte sie. "An erster Stelle steht aus unserer Sicht jetzt die schnellstmögliche Ursachenklärung und Eindämmung dieser ökologischen Katastrophe auf beiden Seiten der Oder."

Der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BVB/Freie Wähler im Brandenburger Landtag, Péter Vida, meinte, dass den polnischen Behörden schon Ende Juli ein großes Fischsterben bekannt geworden sei. Dennoch seien keine Vorkehrungen getroffen worden, und die Behörden tappten bezüglich der Ursache im Dunkeln. "Der Vorfall zeigt, dass Polen und Brandenburg die grenzübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation ihrer Behörden verbessern müssen", sagte Vida. "Denn mit einer mehrtägigen Vorwarnung hätten zumindest einige der Schäden verhindert werden können."

© dpa-infocom, dpa:220810-99-339401/4

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