Umwelt - Dresden:Schau zeigt ausgestorbene und bedrohte Pflanzen in Sachsen

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Valeria Bobke, Masterstudentin Biologie, inspiziert die Stromtalpflanze Echter Steinsame. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Kornrade, Bergaster und Ackerringelblume - diese und zahlreiche andere Pflanzen gelten in Sachsen schon viele Jahre als ausgestorben. Eine neue Schau an der Biologie-Fakultät der TU Dresden widmet sich jetzt ausgestorbenen sowie vom Aussterben bedrohten Farnen und Blütenpflanzen unter dem Motto "Die verschwindende Vielfalt". Insgesamt gelten 178 Pflanzen im Freistaat als ausgestorben, sagt Projektleiterin und Biologin Dr. Thea Lautenschläger. Mindestens 639 weitere Arten werden zudem auf der Roten Liste geführt - als gefährdet und vom Aussterben bedroht.

Es werde viel über das Artensterben weltweit oder das Verschwinden seltener Pflanzen im Regenwald gesprochen, sagt Biologie-Studentin Valeria Bobke, auf deren Bachelor-Arbeit die Schau basiert. "Wir haben uns gefragt, welche Arten denn eigentlich hier in Sachsen verschwunden sind, quasi vor der Haustür." Die Ergebnisse ihrer Arbeit habe sie überrascht. "Weil man immer denkt, dass Deutschland gar nicht so sehr vom Artensterben betroffen ist."

In der Schau wird die Entwicklung der vergangenen rund 200 Jahre in Sachsen durch einen mehr als zehn Meter langen Zeitstrahl verdeutlicht. Getrocknete und gepresste Pflanzen - sogenannte Herbarbelege - zeigen, in welchem Jahr die jeweilige Art zum letzten Mal gesichtet wurde. Die lilafarbene Sommerblume Kornrade etwa wurde zuletzt im Jahr 1935 in Sachsen gefunden, die goldgelbe Ackerringelblume das letzte Mal im Jahr 1870.

Für das Verschwinden einiger Ackerwildkräuter gibt es laut Lautenschläger vor allem eine Erklärung: Wurde früher das Getreide geerntet, mischten sich auch die Samen von Kräutern darunter. Mit der neuen Saat wurden diese ausgebracht - und wuchsen auf den Feldern. "Durch moderne Saatgutreinigung wird das alles aussortiert."

Gründe für das Aussterben von Pflanzen in Sachsen gebe es jedoch viele mehr: So wurden demnach etwa in den vergangenen Jahren zahlreiche Moore trockengelegt. Mit ihnen verschwand unter anderem das Torf-Veilchen. Feldränder mit Kornblumen, Mohn und Kamille werden immer kleiner, auf großen landwirtschaftlichen Flächen wachsen vor allem Monokulturen. Zudem verdänge der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln Pflanzenarten, erläutert Lautenschläger. Die Biologin spricht von einem "Schneeballprinzip". Die Pflanzen seien wichtige Nahrungsquellen für spezialisierte Insekten, Nützlinge und Bestäuber. So locke etwa die Ackerringelblume Schwebfliegen an, die wiederum Larven von Blattläusen fressen.

"In der Natur gibt es immer ein Kommen und Gehen", sagt Lautenschläger. "Aber wenn man sich anschaut, was in den vergangenen Jahren in Sachsen verschwunden ist, ist die Quote schon sehr hoch." In der Wissenschaft heißt es, dass in 100 Jahren etwa zwei von 10 000 Arten aussterben. In Sachsen sei die Aussterberate fünfhundert Mal so hoch. "Das ist schon alarmierend." Zu sehen sind unter anderem in Vitrinen historische Belege - unter anderem etwa von Kurfürst Friedrich August II., der als leidenschaftlicher Botaniker galt. Er sammelte auf der Pillnitzer Insel zwischen 1840 und 1850 ein Acker-Leinkraut und archivierte es. Bis Ende September wird die Schau im Foyer des Biologiegebäudes gezeigt.

© dpa-infocom, dpa:210518-99-638789/2

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