Welternährung:Von der Klimakrise zur Hungersnot

Welternährung: Verendete Tiere in Somaliland am Horn von Afrika: Die Region erlebt die schwerste Dürre seit 40 Jahren.

Verendete Tiere in Somaliland am Horn von Afrika: Die Region erlebt die schwerste Dürre seit 40 Jahren.

(Foto: Feisal Omar/REUTERS)

Der Krieg gegen die Ukraine ist nicht der einzige Grund für den wachsenden Hunger auf der Welt: Vielerorts spielen auch Dürren eine Rolle. Wie man gegensteuern kann.

Kommentar von Christoph von Eichhorn

Am Horn von Afrika ist jetzt die vierte Regenzeit in Folge praktisch ausgefallen. In Frankreich, dem größten Getreideexporteur der EU, fiel im ersten Quartal des Jahres viel weniger Regen als sonst, es könnte in vielen Regionen zu einer Dürre kommen. In Teilen von Kansas, der Kornkammer der USA, hat es seit rund 300 Tagen nicht mehr geregnet. Zugleich rollt auf den Südwesten der USA gerade eine Hitzewelle zu, bis zu 43 Grad Celsius werden mancherorts erwartet.

Diese Ereignisse spielen sich weit weg voneinander ab, doch sie haben eine Gemeinsamkeit: Sie verschärfen eine Hungerkrise, die viele Länder weltweit erfasst hat. Gerade verfestigt sich in der Öffentlichkeit der Eindruck, als sei Russlands Angriff auf die Ukraine der einzige Grund für diese Not. Unzweifelhaft beeinträchtigt die Blockade der Schwarzmeerhäfen die Nahrungsversorgung von Millionen Menschen. Gut war die Lage aber schon vorher nicht. So erlebten schon im Jahr 2021 rund 193 Millionen Menschen eine Nahrungsmittelkrise, ein Plus von 40 Millionen im Vergleich zum Vorjahr.

Selbst die Aufhebung der Blockade ukrainischer Häfen garantiert keine Normalität

Als wesentliche Ursache für die Entwicklung sehen Meteorologen und Ernährungsexperten neben bewaffneten Konflikten Extremereignisse wie Dürren. Und diese entfalten sich in erschreckender Übereinstimmung mit den Klimamodellen, die etwa für Ostafrika eine Abnahme der Niederschläge vorhersagen. Gerade erlebt die Region am Horn von Afrika die schwerste Dürre seit 40 Jahren, Millionen Weidetiere sind bereits verendet, Hunderttausende hungern schwer. Und infolge der jüngsten Hitzewelle in Indien hat die Regierung in Delhi die Weizenausfuhren eingeschränkt - ein weiteres Beispiel für den unseligen Zusammenhang zwischen Klima- und Ernährungskrise.

Man sollte sich daher keinen falschen Hoffnungen hingeben: Selbst eine Aufhebung der Blockade ukrainischer Häfen - so dringend sie auch geboten wäre - garantiert noch keine Rückkehr zur Normalität. Die steigenden Temperaturen werden vielmehr über Jahrzehnte die landwirtschaftlichen Erträge beeinflussen, und zwar meist zum Schlechteren.

Daher benötigen die besonders gebeutelten Länder schon jetzt mehr Unterstützung - in Form von Finanzhilfen für Importe, aber auch bei der Entwicklung hitzeresistenter Sorten oder dem Aufbau einer widerstandsfähigen Infrastruktur zum Bewässern der Felder. Um die Ernten langfristig zu sichern, hilft aber letztlich nur eines: Die Treibhausgas-Emissionen müssen sinken, und das schnell.

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