Uganda:Wissenschaft im Dienst gegen Schwule

Uganda stellt Homosexualitaet schaerfer unter Strafe

Demonstration in Uganda gegen Homosexuelle

(Foto: Imago Stock&People)

Ugandas Machthaber verdrehen Aussagen von Wissenschaftlern, um gegen Homosexuelle zu hetzen. Die Forscher sind empört - und machtlos.

Von Michael Balter

Jetzt soll die Wissenschaft verantwortlich sein. Als Ugandas Präsident Yoweri Museveni Anfang dieser Woche das umstrittene Gesetz gegen Homosexualität unterzeichnet, berief er sich auf das Gutachten eines Wissenschaftler-Komitees, das das Gesundheitsministerium einige Wochen zuvor eingesetzt hatte. "Dessen einstimmige Schlussfolgerung war, dass Homosexualität, entgegen meiner bisherigen Meinung, durch die Umwelt und nicht durch die Gene ausgelöst wird", schrieb Museveni an US-Präsident Barack Obama, der ihn gebeten hatte, das Gesetz nicht zu unterschreiben. "Sie ist erlernt und kann wieder verlernt werden."

Einige der Wissenschaftler im Komitee widersprechen Museveni und seiner regierende Partei NRM. "Sie zitieren uns falsch", sagt Paul Bangirana, klinischer Psychologe an der Makerere-Universität in der Hauptstadt Kampala. "Der Bericht sagt nirgendwo, dass Homosexualität nicht genetisch ist oder dass man sie verlernen könne." Ein weiterer Forscher sagt mit der Bitte, dass sein Name nicht genannt werde: "Viele Menschen haben unsere Position falsch dargestellt und als Stütze des Gesetzes missbraucht." Zwei andere Mitglieder des Komitees haben ihre Posten aus Protest niedergelegt.

Das elfköpfige Komitee sollte den Stand des Wissens über die Ursachen gleichgeschlechtlicher Orientierung zusammenfassen. Der erste Entwurf seines Berichts erklärte, es gebe kein bestimmtes Gen für Homosexualität, sie sei weder eine Krankheit noch abnormal, Kultur und der Einfluss von Gleichaltrigen könne die Entwicklung der lesbischen oder schwulen Sexualität fördern und sowohl homosexuelles wie heterosexuelles Verhalten müsse "reguliert" werden, um "Gefährdete zu schützen".

Irreführende Interpretation

Damit lag das Komitee genau richtig, sagt Dean Hamer von den National Institutes of Health, der sich lange mit der Frage beschäftigt und 1993 die ersten Hinweise auf eine genetische Basis der homosexuellen Ausrichtung gefunden hatte. Seine Erkenntnisse waren vor kurzem durch eine Suche im ganzen Genom bestätigt worden, wie die afrikanischen Wissenschaftler in ihrem Bericht vermerkten.

Aber dann ging alles schief. Das Komitee stellte den Entwurf Mitte Februar dem Präsidenten, dem Premierminister und mehr als 200 Parlamentsabgeordneten der NRM vor. Die Partei gab danach eine Pressestatement heraus, unterzeichnet von der Sprecherin Evelyn Anite. Es enthielt eine irreführende Zusammenfassung des Gutachtens: "Homosexualität ist keine Krankheit, sondern ein abnormales Verhalten, das durch Erlebnisse erlernt wird." Präsident Museveni werde das Gesetz unterschreiben, da die Frage, ob man "als Homosexueller geboren werden könne", nun beantwortet - gemeint war: verneint - werden könne. Auf Nachfrage erklärte Anite: "Ich habe nichts geändert. Was ich aufgeschrieben habe, ist das, was die Wissenschaftler gesagt haben." Zuvor hatte sie den Reporter gefragt, ob er "ein Homo" sei.

Noch bevor Museveni das Gesetz unterzeichnete, hatte das Komitee seinen endgültigen Bericht vorgelegt, und einige Formulierungen überarbeitet, die allzu leicht fehlinterpretiert oder aus dem Zusammenhang gerissen werden konnten - jedoch ohne Erfolg. Einige Mitglieder sagen nun, sie seien nur als Deckung benutzt worden, um vollendete Tatsachen zu schaffen. "Ganz egal, was unser Bericht gesagt hätte", sagt Paul Bangirana, "dieses Gesetz wäre unterzeichnet worden."

Dieser Text ist in Science erschienen, dem internationalen Wissenschaftsmagazin, herausgegeben von der AAAS. Weitere Informationen: www.aaas. org , www.sciencemag.org. Dt. Bearbeitung: cris

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