Süddeutsche Zeitung

Überbevölkerung:Nur ein Kind pro Frau

Ein weiteres Wachstum der Weltbevölkerung macht Forschern Sorgen - ein Anstieg auf neun oder sogar zwölf Milliarden Menschen bringe unkalkulierbare Risiken mit sich. Ein Wissenschaftler schlägt eine radikale Maßnahme vor.

Als der US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, 66, vor kurzem ein Familienfoto veröffentlichte, scharten sich 20 seiner 22 Enkel um ihn. Es war ein Bild, das den Biogeografen Camilo Mora von der University of Hawaii ziemlich erschütterte, zumal er nachrechnete, dass diese Großfamilie bei gleichbleibender Fruchtbarkeit auf über 120 Mitglieder anwachsen könnte, sollte der Politiker die 90er erreichen. Mora nimmt das Foto als Beleg, dass das Problem der Überbevölkerung wieder weitgehend aus dem Bewusstsein - auch der wissenschaftlichen - Öffentlichkeit verschwunden sei, und das sei ein ernsthaftes Problem.

Mora stützt sich in seinem Review-Artikel im Fachmagazin Ecology and Society (online) auf die Analyse von knapp 200 Studien, die zum größten Teil in den vergangenen zehn Jahren erschienen sind. Demnach wird der Anstieg der Weltbevölkerung von derzeit sieben Milliarden Menschen auf neun bis zwölf noch vor dem Jahr 2050 in fast allen gesellschaftlichen und ökologischen Bereichen zu massiven Herausforderungen führen.

Doppelter Nahrungsbedarf

So müssten allein aufgrund der demografischen Entwicklung in der nächsten Dekade weltweit 640 Millionen neue Jobs geschaffen werden. Zwar schaffen mehr Menschen auch mehr Nachfrage, doch steige die Produktivität aufgrund des technischen Fortschritts noch schneller und gefährde zunehmend Arbeitsplätze. Die dabei entstehende Arbeitslosigkeit werde die Sozialetats der Staaten belasten und die bereits bestehenden Budgetdefizite der meisten Staaten weiter erhöhen. Die beständig steigende Lebenserwartung werde diese Situation noch verschärfen.

Auch die Folgen steigender Bevölkerungszahlen für Ressourcen und Ökologie werden nach Ansicht von Mora unterschätzt. Allein der Nahrungsmittelbedarf werde bis 2050 um 70 bis 100 Prozent steigen, obwohl bereits jetzt eine Milliarde Menschen hungere und die Frischwasservorräte der Erde sich nicht steigern ließen. Der wachsende Raum- und Wasserbedarf der Landwirtschaft gehe auf Kosten von bislang unberührter Natur und Biodiversität. Und insbesondere beim Klimaschutz würden alle Emissions-Reduktionen durch das Bevölkerungswachstum zunichte gemacht. Deshalb plädiert der Wissenschaftler für ein radikales Ziel: Auf jede Frau sollte in Zukunft durchschnittlich nur noch ein Kind kommen.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2014/cwb/chrb
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