Tintenfische der Tiefsee:Sex - egal mit wem

In der Dunkelheit der Tiefsee paaren sich männliche Kalmare offenbar mit jedem, dem sie begegnen. Es könnte ja ein Weibchen sein - und das Leben ist zu kurz, um wählerisch zu sein.

Was macht man, wenn man in der finsteren Tiefe der Meere die meiste Zeit vergeblich nach Paarungspartnern sucht oder gar nicht erkennt, ob es sich um ein Männchen oder Weibchen handelt?

Tintenfisch Octopoteuthis deletron

Ein Tintenfisch der Art Octopoteuthis deletron, aufgenommen von einem ferngesteuerten Tauchgerät des Monterey Bay Aquarium Research Institute, in 854 Metern Tiefe. An den Fangarmen kann man als weiße Punkte die Spermienbehälter sehen.

(Foto: dpa)

Jedenfalls wird man nicht gerade wählerisch, wie Wissenschaftler jetzt an Tintenfischen beobachtet haben. Alles, was irgendwie als Artgenosse identifiziert wird, nutzen männliche Tiefsee-Kalmare der Art Octopoteuthis deletron offenbar als Sexpartner. Sie versahen sowohl Weibchen als auch Männchen mit ihrem Spermienpaket - obwohl dies im letzten Fall natürlich biologisch sinnlos ist.

Über die Tiefsee-Tintenfische ist nur wenig bekannt. Hin und wieder wird ein Tier angeschwemmt oder von Fischern gefangen. Doch über ihr Verhalten erfährt man dadurch natürlich nur wenig. Auch die wenigen Filmaufnahmen brachten bislang wenig Aufschluss.

Bislang weiß man, dass die männlichen Tintenfische einen besonderen Tentakel dazu benutzen, eine sogenannte Spermatophore auf einem Weibchen abzulegen. Dabei handelt es sich um kleine, mit Spermien gefüllte Behälter. Die Samen dringen von dort in das Gewebe der Weibchen ein.

Henk-Jan Hoving und seine Kollegen vom Monterrey Bay Aquarium Research Institute in Moss Landing, Kalifornien, haben allerdings beobachtet, dass auch männliche Tiere, die in Fischernetze geraten waren, ebenfalls mit Spermatophoren besetzt waren. Woher diese stammten, war unklar.

Die Wissenschaftler setzten deshalb ferngesteuerte U-Boote ein, um die Kalmare in ihrer natürlichen Umgebung in bis zu 800 Metern Tiefe zu filmen - mit Erfolg, wie sie nun im Fachmagazin Biology Letters berichten.

Kurzes Leben, billiger Sex

108 Exemplare nahmen sie zwischen 1992 und 2011 auf und bei 39 Tieren konnten sie das Geschlecht identifizieren: 19 waren Weibchen und 20 Männchen.

Tintenfisch Octopoteuthis deletron

Hier machen die Spermatophoren Sinn: Ein weiblicher Octopoteuthis deletron.

(Foto: dpa)

Bei zehn der weiblichen und neun der männlichen Tiere saßen Samenpakete auf der Haut. Und die Kalmare hatten sich nicht selbst mit den Spermatophoren ausgestattet, denn diese saßen auch an Stellen, die die Tiere selbst nicht erreichen konnten.

Im Dunkeln, so der Schluss der Forscher, nutzen die Männchen einfach jede Gelegenheit, sich mit allem, was vielleicht ein Weibchen sein könnte, zu paaren.

Schließlich produzieren sie riesige Mengen von Spermatophoren, so dass es sie billiger kommt, einige an Männchen zu verschwenden, als ein Weibchen zu verpassen. Vor allem, weil sie aufgrund ihrer begrenzten Lebenszeit nur wenig Gelegenheit haben, sich überhaupt zu paaren.

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