Süddeutsche Zeitung

Tierwelt:Die rosa Liste

Eine einzigartige Ausstellung in Oslo enthüllt: Mehr als 1500 Tierarten haben kein Problem mit Homosexualität - von Pinguinen über Elefanten bis zu Tintenfischen.

Gerhard Fischer

Etwa fünf Prozent aller Enten sind homosexuell. Nachwuchs bekommen sie trotzdem. ,,Alleinstehende Weibchen legen ihre Eier in die Nester von Homo-Paaren'', sagt der Zoologe Petter Böckman. ,,Und dann zeigt es sich, dass die homosexuellen Paare geschickter in der Erziehung sind als die heterosexuellen.'' Bei Gänsen ist es genauso.

Im Naturhistorischen Museum in Oslo findet derzeit eine Ausstellung über homosexuelle Tiere statt - die erste dieser Art auf der ganzen Welt. Es gibt nachweislich 1500 Tierarten, bei denen Homosexualität ausgelebt wird; unter ihnen sind Elefanten genauso wie Tintenfische oder Maden. ,,Natürlich gibt es noch viele weitere Arten mit homosexuellen Tieren'', sagt Böckman, der für den Inhalt der Ausstellung verantwortlich ist. ,,Bisher wurde das aber wenig untersucht - es war ein Tabuthema, ähnlich wie es bei den Menschen lange Zeit gewesen ist.''

Bei Delphinen sind Beziehungen zwischen Weibchen und Männchen flüchtig, während homosexuelle Verbindungen Jahre halten. Bei Giraffen ist das Beobachtungen zufolge so: Von 100 Geschlechtsakten werden 94 unter gleichgeschlechtlichen Partnern ausgeführt. Jeder fünfte Pinguin ist homosexuell, jeder zweite domestizierte Rosenkakadu.

Am meisten verbreitet ist die Homosexualität bei Herdentieren, die das soziale Netzwerk nicht nur dadurch stärken, indem sie das Fressen teilen und sich um die Jungen kümmern. Manche Tiere lösen Konflikte oder Führungsfragen mit gleichgeschlechtlichem Sex - nach der Devise: ,,Make sex, not war''. Die Löwen zum Beispiel. Löwen-Männchen haben Sex mit dem Konkurrenten, um Loyalitäten zu sichern und einvernehmlich das Rudel zu führen.

Manchmal geht es auch nur ums Überleben des Nachwuchses: Bei schwarzen Schwänen in Australien sind die Männchen viel größer und kräftiger als die Weibchen. Deshalb kommt es zum heterosexuellen Geschlechtsakt nur, um rasch mal Junge zu zeugen. Danach trollt sich das Weibchen und zwei Männchen ziehen den Nachwuchs auf. ,,Junge haben bei einem Männchen-Paar eine zehnmal so große Chance zu überleben wie bei einem heterosexuellen Schwanen-Paar'', sagt Böckman.

Bei manchen Tierarten ist Homosexualität selten, einige haben nur ein paar Jahre Sex mit dem gleichen Geschlecht, andere ihr Leben lang - wie etwa die Zwergschimpansen, eine der nächsten Verwandten des Menschen. Die ganze Art ist bisexuell; deshalb gibt es auch kein Problem mit dem Jungenkriegen.

Tiere haben Sex, weil es ihnen Spaß macht und die Lust befriedigt - und nicht nur um die Art zu erhalten, wie Naturforscher Charles Darwin meinte. Auch Onanieren ist weit verbreitet bei Tieren - man hat es unter anderem bei Affen, Hirschen, Tümmlern und Pinguinen beobachtet, bei Männchen wie bei Weibchen. Orang Utans seien dabei ,,sehr einfallsreich'', sagt Petter Böckman. ,,Die machen sich Dildos aus Holz und Rinde.''

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