Süddeutsche Zeitung

Tierseuche:Planet ohne Rinderpest

Die Rinderpest steht kurz vor der Ausrottung, wie die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO berichtet. Es ist das zweite Mal, dass eine Seuche durch Impfungen besiegt wird.

Christina Berndt

In ihrem jahrtausendealten Kampf gegen Krankheiten steht die Menschheit vor ihrem zweiten umfassenden Sieg: Die Rinderpest steht kurz vor der Ausrottung, wie die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO in einem aktuellen Report berichtet.

Offiziell soll die Krankheit, die zuletzt vor allem in Afrika wütete und dort vielen Menschen die Ernährungsgrundlage entzog, im Frühjahr 2011 für ausgerottet erklärt werden. Nach den Pocken beim Menschen wäre die Rinderpest die zweite Seuche überhaupt, die durch umfassende Impfprogramme ausgerottet werden konnte.

Die Krankheit gehört zu den tödlichsten Rinderseuchen. Sieben von zehn Tiere, die mit dem Erreger infiziert sind, sterben binnen einer Woche. So gefürchtet war die Seuche früher in Europa, dass allein ihretwegen 1762 in Lyon die erste Ausbildungsstätte für Tierärzte gegründet wurde. Bald dämmten die Europäer die Seuche ein. Kranke Tiere wurden schnell erkannt und die Herden getötet.

Ende des 19.Jahrhunderts aber brachte die italienische Armee die Seuche mit nach Afrika. Dort hinterließ diese eine Spur der Verwüstung: 80 bis 90 Prozent aller Rinder in Schwarzafrika fielen ihr zum Opfer, auch ungezählte Flusspferde, Antilopen und Giraffen. Wo das Virus wütete, hungerten die Menschen.

Seit 1994 wird die Krankheit international im Rahmen eines Impfprogramms bekämpft. Zuletzt traten nur noch in Krisenregionen wie dem Sudan und Somalia Krankheitsfälle auf. Dort traten "Barfußtierärzte" an, um mittels einfacher Tests kranke Tiere zu identifizieren und die Herden zu impfen; für Ortsfremde wäre dies viel zu gefährlich gewesen.

Nun existieren die Erreger, die den Masern-Viren ähnlich sind, offenbar nur noch in Forschungslabors. Wenn im Frühjahr 2011 die Ausrottung der Rinderpest verkündet wird, soll auch eine Liste aufzeigen, wo auf der Welt das Virus noch zu Forschungszwecken aufbewahrt wird.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2010/mcs
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