Tierische Tarnung:Raffinierte Muster

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Zebras, Giraffen, Schmetterlinge: Wie sich Tiere für ihre Feinde unsichtbar machen.

Juliette Irmer

Die meisten Tiere sind wehrlos und haben weder Zähne noch Klauen, um sich zu verteidigen. Um dennoch zu überleben, versuchen manche, für ihre Feinde unsichtbar zu werden, sie tarnen sich. Eine häufig genutzte Möglichkeit ist die so genannte disruptive Färbung: Dabei unterbrechen kontrastreiche Muster die Körperkontur. Beispiele für diese Art der Tarnung sind Zebras und Giraffen, die in den Weiten der Savanne kaum auszumachen sind.

Nun haben gleichzeitig zwei Forschergruppen zum besseren Verständnis dieses Tarnmechanismus beigetragen. (Proceedings of the Royal Society of London, Online-Ausgabe). "Wir wollten herausfinden, ob disruptive Färbung nur dann funktioniert, wenn das Muster farblich mit dem Hintergrund übereinstimmt", sagt Martin Schäfer, Biologe an der Universität Freiburg.

Er und seine Kollegin Nina Stobbe scannten dazu das Foto eines in Mitteleuropa verbreiteten Nachtfalters (Thyatira batis), der von Vögeln gefressen wird, und stellten daraus unterschiedlich gefärbte Papierattrappen her. Eine Attrappe war am Flügelrand hellrosa-braun gefleckt, eine andere wies das Muster mehr im Flügelinneren auf.

Muster statt Farbe

Die Papierfalter wurden mit toten Mehlwürmern bestückt und an zwei Baumstämme geklebt, die sich farblich unterschieden: Birke und moosbewachsene Eiche. Die Forscher kontrollierten die falschen Falter nach einem vorgegeben Zeitplan. War der Mehlwurm verschwunden, galt die Attrappe als gefressen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Diejenigen Falter, die am Flügelrand gemustert waren, überlebten auf beiden Baumarten am längsten. Der Schutz hat also nichts mit der Farbe der Tiere zu tun, sondern lediglich mit ihrem Muster. Dieses verwischt die Umrisse besonders gut, wenn es sich am Körperrand befindet. Das funktionierte auch mit einer blau-rosa Schmetterlingsattrappe, die sich extrem deutlich von den Baumstämmen abhob und die in der Natur gar nicht vorkommt.

Die Forschergruppe aus Großbritannien unterstützt Schäfers Ergebnisse. Die Wissenschaftler glauben, dass diese Art der Tarnung deswegen so erfolgreich ist, weil Räuber mit einem bestimmten Beuteschema im Kopf jagen. Ein Nachtfalter könnte für einen Vogel beispielsweise durch ein Dreieck dargestellt sein.

Ein Falter, der farblich an den Hintergrund angepasst ist, wird entweder entdeckt oder nicht. Ein Falter, der am Flügelrand gemustert ist, wird nicht erkannt, weil seine Außenlinie unterbrochen ist. Der Vogel erkennt kein Dreieck. Da ihre Taktik nicht auf einer farblichen Anpassung an ihre Umwelt beruht, haben disruptiv getarnte Tiere in unterschiedlichen Lebensräumen eine Überlebenschance.

© SZ vom 11. Juli 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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