Tierhaltung:Das Schwein soll Spaß haben

Bauern sollten ihren Schweinen Spielketten und Bälle zur Verfügung stellen, rät die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL). Biobauern sehen in der Empfehlung allerdings nur ein Ablenkungsmanöver der konventionellen Landwirtschaft.

Daniela Kuhr

Es ist kein gutes Jahr für Schweinehalter. Nicht nur, dass das Fernsehen seit dem Dioxin-Skandal immer wieder entsetzliche Bilder über die Zustände in deutschen Ställen gesendet hat. Jetzt leiden die Landwirte auch noch unter ruinösen Preisen.

Sauwetter

Spielzeug für Schweine? Das ist nur notwendig, weil Schweine in der konventionellen Landwirtschaft nicht tiergerecht gehalten werden, sagt Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

(Foto: ddp)

Die Kosten für Futtermittel sind stark gestiegen, doch der Einzelhandel weigert sich, den Bauern mehr zu zahlen. Stattdessen verkaufen die Händler das Schweinefleisch weiter zu Billigstpreisen. Sie haben es also schwer, die Bauern.

Und die Schweine? Die offenbar nicht. Für die scheint es sogar super zu laufen. Jede Menge Spaß haben sie - zumindest legt das die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) nahe, ein Verband, der dem Bauernverband sowie der Agrar- und Lebensmittelindustrie nahesteht.

"Was schenke ich meinem Schwein?", lautet die Überschrift einer Pressemitteilung, die der Verband jetzt verschickt hat. Darin listet er "die beliebtesten Spielzeuge in deutschen Schweineställen" auf.

Zum Beispiel den Pendelbalken, bei dem an einer frei hängenden Spielkette ein etwa 70 Zentimeter langer Hartholzstab hängt. "Die Schweine können den Balken in Schwingungen versetzen und in das Holz beißen, ohne sich zu verletzen." Alternativ könnten auch "quietschende kleine Bälle befestigt werden". Ein Traum, ein Schweinetraum sozusagen. Jedenfalls kein Witz.

In der modernen Landwirtschaft seien die Haltungsbedingungen so, dass sich die Tiere wohl fühlen, schreibt die FNL. Zwar würden Schweine viel schlafen, in der restlichen Zeit aber bräuchten "die neugierigen Tiere" ausreichend Anreize. Der Einsatz von "Beschäftigungsmaterial" ist daher seit einigen Jahren gesetzlich vorgeschrieben.

Im Auftrag der FNL haben Wissenschaftler nun verschiedene Materialien untersucht, wie Spielketten, die über mehrere Buchten reichen. "Wenn ein Schwein in einer Bucht mit einer Kette spielt, kommt es auch in allen anderen Buchten zu geräuschvollen Bewegungen", freut sich die FNL.

Überhaupt steht für den Verband das Wohl der Schweine ganz im Vordergrund. Stroh oder Erde könnten Krankheitserreger enthalten, was für die Tiergesundheit schlecht sei. "Besser sind hygienisch unbedenkliche Materialien, die mehrere Sinne gleichzeitig ansprechen."

Zumal, möchte man hinzufügen, so ein "Sinne ansprechendes" Spielzeug sicher auch die frühschweinische Entwicklung am besten fördert. Also, das sagt jetzt nicht die FNL. Aber das ist ja logisch.

Felix Prinz zu Löwenstein kann über all das nur den Kopf schütteln. Zwar stimme es, dass Spielzeug tatsächlich gut sei, sagt der Vorsitzende des Bunds ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). "Aber doch nur deshalb, weil Schweine in der konventionellen Landwirtschaft alles andere als tiergerecht gehalten werden."

Statt wild im Stroh wühlen zu können, müssten sie dicht gedrängt auf Betonböden stehen, oft ohne Kontakt zu Tageslicht oder Außenklima.

"Schweine, die so aufwachsen, beginnen schon aus Langeweile und wegen der Enge, sich gegenseitig zu beißen", sagt Löwenstein. Dem könne man mit Spielzeug vorbeugen. Ein Biobauer aber, der seinen Schweinen Stroh gebe und ihnen Platz biete, brauche "dieses Zeugs" nicht.

Bei der FNL sieht man das offenbar anders. Mit dem Überblick über die Spielzeuge wolle man zeigen, "wie verantwortungsvoll Nutztierhaltung in diesem Land praktiziert wird". Schweinespielzeug sei "nur ein Beispiel dafür, wie die moderne Landwirtschaft tiergerechte Haltung ermöglicht".

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