Tierforschung:Hunde erkennen ein vergiftetes Lob

Lesezeit: 2 Min.

Einsatzbereit: Die Hunde warten auf einem Hirnscanner auf die Forscher. (Foto: Enikő Kubinyi)

Forscher zeigen: Die Tiere können Tonfall und Inhalt von Worten unterscheiden. Ein freundliches "Gut gemacht!" gefällt ihnen, ein barsches "Brav" dagegen nicht.

Von Katrin Blawat

Um ein Lob zu vergiften, braucht es nicht viel. Nur die Stimme ein bisschen tiefer und gepresster klingen lassen - schon wird aus einem "Gut gemacht!" eine verbale Hinterhältigkeit. Feine Antennen für solche Nuancen haben nicht nur Menschen, sondern auch Hunde. Auch ihr Gehirn registriert - auf sehr ähnliche Weise wie beim Menschen - , wenn Inhalt und Ton nicht zusammen passen ( Science). Ein jubelndes "Braver Hund!" bedeutet den Tieren mehr, als wenn ihr Besitzer das Lob neutral ausspricht. Über bedeutungslose Worte freuen sie sich dagegen kaum, selbst wenn sie diese in süßestem Tonfall hören. Ton und Noten machen also gemeinsam die Musik.

Um diese, von vielen Hundehaltern sicher nie bezweifelte Erkenntnis wissenschaftlich zu belegen, untersuchte ein Team um Attila Andics von der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest die Gehirnaktivitäten von 13 Hunden mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT), die aktive Hirnareale sichtbar macht. Dazu brauchten die sechs Border Collies, fünf Golden Retriever und je ein Deutscher Schäferhund und Chinesischer Schopfhund - einige von ihnen sind auf dem Foto links zu sehen - viel vorbereitendes Training.

Neutrale Worte in freundlichem Ton freuten die Tiere nicht

Denn sie sollten freiwillig und vollkommen still in dem engen Scanner liegen bleiben. Dort hörten sie Aufnahmen mit den Stimmen ihrer jeweiligen Besitzer. Diese sprachen entweder lobende Worte im dazu passenden Tonfall aus, zum Beispiel "Gut gemacht!" mit hoher, freundlicher Stimme. Ein anderes Mal hörten die Hunde die verbale Streicheleinheit in neutralem Ton. Auch die beiden umgekehrte Paarungen - neutrale Worte wie "bisher" - in freundlichem und neutralem Tonfall - wurden getestet.

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Würde man einen Menschen auf die gleiche Weise untersuchen, wäre zu erwarten, dass er die Bedeutung der Worte vorrangig in der linken Gehirnhälfte verarbeitet, während ein Areal in der rechten Hälfte den Tonfall einordnen würde. Im Gehirn der Hunde war ähnliches zu erkennen. Das Areal in der linken Hemisphäre ließ sich durch die lobenden Worte aktivieren, nicht aber durch die bedeutungslosen. Dabei lernt ein Hund vermutlich durch Erfahrung, welche Worte für ihn wichtig sind.

Dagegen verarbeitete der Bereich in der rechten Hirnhälfte den Tonfall jeder Äußerung, unabhängig von deren Wortlaut. Wie aber bringt das Gehirn die beiden Informationen zusammen? Freut sich ein Hund auch über ein barsch hingeworfenes "Brav!"? Nein, hat die Studie ergeben: Das Belohnungszentrum sprang nur an, wenn sowohl Worte als auch Tonfall lobend waren. Dann jedoch erfüllt ein freundliches Wort für viele Hunde mindestens den gleichen Zweck wie ein Leckerli, hat kürzlich eine andere fMRT-Untersuchung gezeigt.

Jenseits solcher praktischen Erkenntnisse halten die Forscher ihre Studie vor allem in Bezug auf die Evolution der Sprache für interessant: Offenbar hätten sich die neuronalen Mechanismen zur Verarbeitung von Worten früher als gedacht und nicht allein beim Menschen entwickelt. Auch Ludwig Huber, Leiter der Abteilung für Vergleichende Kognitionsforschung der Veterinärmedizinischen Uni Wien, sagt: "Die Resultate sind sehr interessant und wichtig. Die Erforschung der Evolution der menschlichen Sprache braucht den vergleichenden Ansatz."

© SZ vom 31.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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