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Tiere:Gründe für und gegen Tierheim-Gebühren

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Berlin/München/Köln (dpa/tmn) - Um es gleich vorwegzunehmen: Einen Richtwert gibt es nicht. Wer wissen will, was es kostet, ein Tier im Tierheim abzugeben - aus welchen Gründen auch immer -, der sollte vor allem eines tun: sich persönlich erkundigen.

Die Internet-Seiten helfen oft nicht weiter. Nur die wenigsten Einrichtungen nennen konkrete Summen. Was dazu führt, dass Tierhalter manchmal völlig falsche Vorstellungen haben.

"Tatsächlich gibt es auch Menschen, die noch Geld erwarten, wenn sie uns ihr Tier bringen", sagt Timo Franzen fassungslos. Der Leiter des Tierheims Düsseldorf und seine Kollegen sind die Diskussionen, warum es stattdessen etwas kostet, inzwischen leid.

Seit einem Jahr verlangt er deshalb keine Gebühren mehr: "Es lohnte sich einfach nicht, mit den Leuten darum zu streiten und ihnen hinterher noch eine Quittung ausstellen zu müssen. In der Zeit können wir Sinnvolleres tun." Dabei waren die Gebühren vergleichsweise gering: Für eine Katze wurden 15 und für einen Hund 20 Euro erhoben.

Besser abgeben als aussetzen

In Pirmasens wiederum können sämtliche Tiere schon seit Jahren kostenlos abgegeben werden. Spenden sind willkommen, aber kein Muss. "Wir nehmen bewusst keine Abgabegebühr, um die Schwelle so niedrig wie möglich zu halten", sagt die zweite Vereinsvorsitzende Birgit Oster.

Auch in Köln-Dellbrück verzichten die Träger auf Gebühren, "weil wir nicht wollen, dass die Leute die Tiere sonst bei Ebay verkaufen oder aussetzen", sagt Sprecherin Sylvia Hemmerling.

In Münster ist die Regelung nicht ganz so eindeutig. Eigentlich müssen die Besitzer hier 80 bis 100 Euro für die Abgabe eines Hundes oder 50 Euro für eine Katze bezahlen. Aber: "Es ist eher die Ausnahme, dass wir eine Gebühr erheben", sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Doris Hoffe. "Die Menschen, die sich von ihren Tieren so leichtfertig trennen, sind nicht gewillt, mit nur einem geringen Beitrag für die weitere Versorgung aufzukommen."

Heime haben hohe Kosten

Doch die Liste der Kosten, die für eine artgerechte Betreuung auf die Heime zukommt – sprich: auf die Tierschutzvereine, die sie betreiben -, ist lang. "Nicht nur die Erstuntersuchung beim Tierarzt, die Unterbringung, Fütterung und Versorgung durch Fachpersonal, sondern auch eventuelle spätere Behandlungen und Training sind unvermeidbare Kostenpunkte", heißt es beim Tierheim München.

Manche Tiere kommen auch schwer krank, verletzt oder verwahrlost an, so dass sie länger intensiv versorgt werden müssen, bevor sie vermittelt werden können. In solchen Fällen werden in München die Gebühren entsprechend angepasst.

"Grundsätzlich nichts zu verlangen, wenn man sein Tier abgibt, finden wir nicht richtig", sagt Tierheim-Sprecherin Kristina Berchtold. "Schließlich entstehen ja Kosten - und die Menschen, die vorab die Entscheidung getroffen haben, sich ein Tier anzuschaffen, sollten sich daran auch beteiligen." Mit jedem Einzelnen werde darüber gesprochen. So habe man bisher "mit jedem eine Lösung gefunden, auch wenn jemand nicht viel Geld hat."

Auch in Berlin gibt es eine solche Regelung: Hier kostet eine Katzen-Abgabe zwischen 50 und 245 Euro, für Hunde werden 100 bis 250 Euro erhoben. Laut der Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Eva Rönspieß, lassen sich jederzeit individuelle Regelungen wie Ratenzahlungen vereinbaren.

Tierschützer bohren nicht nach

Als Gründe für eine Abgabe des Tieres werden neben finanziellen Schwierigkeiten Überforderung, schwindendes Interesse, Zeitmangel, Umzug oder problematisches Verhalten des Tieres angegeben.

"Auch die klassische Allergie wird als Abgabegrund mitgeteilt", sagt Sven Fraaß, Sprecher des Tierheims in Hamburg, wo die Gebühren "sehr variabel" seien. "Ein passendes Attest gibt es aber seltenst dazu." Genauso selten haken die Tierschützer, die die ungeliebten Vierbeiner annehmen, meist in punkto Abgabegründe nach.

So wird in Münster direkt akzeptiert, wenn sich jemand von seinem Tier trennen will oder muss. "Unsere Erfahrungen haben uns gelehrt: Wenn der Entschluss gefasst ist, fehlt es oft an emotionaler Bindung und an Interesse für Problemlösungen", sagt Doris Hoffe, Vorsitzende des dortigen Tierschutz-Vereins. Deshalb nehme man das Tier "ohne Gegenrede an" und versuche nur, so viel wie möglich über es zu erfragen.

© dpa-infocom, dpa:220303-99-371806/2

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