Luftfilter:Staubsauger für die Straße

Filtersäulen gegen Feinstaub

Am Verkehrs-Hotspot „Am Neckartor“ sind erstmals Verkehrsfilter im öffentlichen Raum im Einsatz.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

In Stuttgart sollen riesige Filtersäulen die Luft von Feinstaub und Stickoxiden befreien. Wie gut kann das funktionieren?

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Die Messstation "Am Neckartor" in Stuttgart war lange ein Synonym für den Ort mit der schlechtesten Luft in deutschen Städten. Doch die Schadstoffbelastung ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Seit Anfang 2019 werden die Grenzwerte eingehalten, wobei noch nicht klar ist, wie viel das Coronavirus zu diesem Effekt beigetragen hat. Die Entwicklung schadstoffärmerer Motoren dürfte für den Rückgang mitverantwortlich sein sowie ein Maßnahmenpaket, das Stadt- und Landespolitik in den vergangenen Jahren umgesetzt haben. Dazu zählen unter anderem ein Fahrverbot für ältere Dieselmotoren und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 40.

Zusätzlich hatte Baden-Württemberg 2018 gemeinsam mit der Firma Mann+Hummel ein 1,5 Millionen Euro teures Pilotprojekt zur Luftfilterung gestartet. Das Unternehmen ist in der Automobilbranche als Zulieferer von Filtern bekannt, die Feinstaub, aber auch Stickstoffdioxid (NO2) aus dem Fahrzeuginnenraum fernhalten. Am Verkehrs-Hotspot "Am Neckartor" sind erstmals ähnliche Filter im öffentlichen Raum im Einsatz. Eine Auswertung hat nun gezeigt, dass die Anlagen die Feinstaubwerte im Mittel um knapp sieben Prozent reduzieren konnten und die Belastung mit NO2 um neun Prozent.

Entlang eines etwa 350 Meter langen Straßenabschnitts stehen insgesamt 23 Filtersäulen, die laut Hersteller jeweils 14 500 Kubikmeter Luft pro Stunde reinigen können. Ein Gebläse saugt die Luft an und presst sie durch Filter, die aus zwei Schichten bestehen: Elektrostatisch aufgeladene Kunstfasern aus Polypropylen holen den Feinstaub heraus, eine Lage Aktivkohle bindet NO2. Diese Kombifilter werden wie Schubladen in die Anlage gehängt und müssen monatlich getauscht werden. Der Stromverbrauch einer Säule entspricht ungefähr dem eines handelsüblichen Staubsaugers.

Um die Wirksamkeit der Filtersäulen feststellen zu können, hatten das Land und das Unternehmen zu Projektbeginn einen unabhängigen Gutachter mit einer Simulation beauftragt. So konnten sie später die prognostizierte Luftverbesserung mit den Messwerten vergleichen. Außerdem wurden die Säulen immer wieder ausgeschaltet und dokumentiert, wie sich das auf die Schadstoffkonzentration unter anderem an der offiziellen Messstelle des Landesumweltamtes auswirkt. Das Verfahren für die Messungen wurde am Karlsruher Institut für Technologie entwickelt.

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