Blackout in Spanien und PortugalWas über die Ursache des Stromausfalls bekannt ist

Lesezeit: 3 Min.

Ein Stadtbus fährt durch die historische Stadt Santiago de Compostela, während eines massiven Stromausfalls in Spanien und Portugal am 28. April 2025.
Ein Stadtbus fährt durch die historische Stadt Santiago de Compostela, während eines massiven Stromausfalls in Spanien und Portugal am 28. April 2025. (Foto: Mic Smith/Mic Smith/AP/dpa)

Der spanische Stromnetzbetreiber REE schließt eine Cyberattacke als Ursache vorläufig aus, die REE-Chefin nennt es falsch, erneuerbare Energien damit in Verbindung zu bringen. 15 Gigawatt Leistung sind auf einmal weggebrochen. Was Experten sagen.

Von Theresa Palm

Wie hat der Blackout in Spanien und Portugal angefangen?

Der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica Española (REE) hat von zwei „Ereignissen der Unterbrechung der Stromerzeugung“ gesprochen, die um 12.33 Uhr am Montag im Abstand von eineinhalb Sekunden aufeinanderfolgten. Vom ersten Ereignis habe sich das System erholen können, aber nicht vom zweiten, gab REE auf einer Pressekonferenz bekannt. Zu den Unterbrechungen sei es im Südwesten Spaniens gekommen, sagte der Direktor für Systembetriebsdienste von REE, Eduardo Prieto, am Dienstag. Der Leistungseinbruch im spanischen Stromnetz betrug 15 Gigawatt – zu dem Zeitpunkt 60 Prozent des landesweiten Verbrauchs.

„Das Stromnetz in Europa ist nicht dafür ausgelegt, dass so viel Erzeugungsleistung ausfällt“, erklärte Veit Hagenmeyer, Sprecher für das nationale Energiesystemdesign-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft dem Science Media Center (SMC). „Es ist ausgelegt für einen Verlust von drei Gigawatt, viel weniger.“ Das entspräche dem Ausfall eines großen Kraftwerks oder mehrerer kleinerer. Dann würden automatische Abschaltvorrichtungen greifen, um Stromleitungen, Kraftwerke, Umspannwerke und Verbraucher vor Schäden zu schützen.

Was hat zu dem Leistungseinbruch geführt?

Die genaue Ursache für diese Einbrüche wird noch untersucht.  „Diese Kaskade von Abschaltungen ist der Grund, warum wir noch nicht sagen können, warum das passiert ist und was der Auslöser war“, so Hagenmeyer. Auf der Pressekonferenz sagte Prieto: „Die Tatsache, dass die Unterbrechungen im Südwesten der Halbinsel auftraten, könnte darauf hindeuten, dass es sich um einen Ausfall solarer Stromerzeugung handelte.“

Die Präsidentin des Aufsichtsrats von REE, Beatriz Corredor, sagte am Mittwoch dem spanischen Sender Cadena Ser in ihrem ersten Interview seit dem Stromausfall, es sei nicht korrekt „den Vorfall mit dem Anteil der erneuerbaren Energien in Verbindung zu bringen“. Seit Jahren versorgten erneuerbare Energien Spanien zuverlässig, daran habe sich nichts geändert. „Die Erneuerbaren laufen stabil.“

Die Zeitung El País berichtet unter Berufung auf „Quellen im Strommarkt“, 15 Gigawatt Photovoltaik-Leistung seien auf einmal aus dem System verschwunden. „Wir wissen nicht, warum das nicht ausgeglichen wurde“, zitiert El País die Quellen. Mit dem Stromausfall war die Solarstromerzeugung in Spanien von 19 auf 5 Gigawatt eingebrochen, das zeigen öffentlich zugängliche Daten. Auch andere Stromerzeugung war zeitgleich eingebrochen.

Christian Rehtanz, Leiter des Instituts für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft an der TU Dortmund, sagte dem SMC: „Die leittechnischen Systeme schreiben alle Ereignisse hochaufgelöst mit, sodass im Nachgang eine Analyse erfolgen kann. Grundsätzlich müssen aber mehrere außergewöhnliche Ereignisse oder technische Fehler zusammenkommen, damit ein derartiger Blackout erfolgt.“

Wie können 15 Gigawatt Solarleistung innerhalb weniger Sekunden wegbrechen?

Diese Frage ist ungeklärt.

Ist ein Cyberangriff ausgeschlossen?

Der Netzbetreiber REE hat Cyberangriffe vorläufig ausgeschlossen. Eine Untersuchung von externen Experten habe ergeben, dass es keinerlei Eingriffe in die Steuersysteme gegeben hat, die den Vorfall hätten verursachen können. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat in einer Pressekonferenz am Dienstagmittag betont, es könne noch keine Erklärung ausgeschlossen werden und es werde in alle Richtungen ermittelt. Hinweise auf einen Cyberangriff habe er aber keine. Der Nationale Gerichtshof in Spanien untersucht, ob der Stromausfall von einem Cyberterroranschlag ausgelöst wurde.

Erderwärmung
:Wie sich die Klimazonen verschieben

In Deutschland könnte es bald trockene Steppen geben, und in einem Land in Osteuropa hat sich das Klima bereits komplett umgekrempelt: Eine Reise rund um den Globus an Orte, die sich gerade rasant verändern.

SZ PlusVon Christoph von Eichhorn (Text), Jonas Jetzig (Infografik) und Stefan Kloiber (Entwicklung)

Wer sucht die Ursache des Stromausfalls?

Ministerpräsident Sánchez sagte, die spanische Regierung werde selbst untersuchen, wie der Stromausfall zustande gekommen sei. Er werde eine Untersuchungskommission einsetzen unter Leitung des Ministeriums für ökologischen Wandel. „Wir sind die Ersten, die wissen wollen, was passiert ist. Wir müssen aber erst eine sichere Diagnose haben und dann darüber sprechen, was wir daraus ableiten.“ Die spanische Regierung werde auch beantragen, dass die Europäische Kommission den Vorfall evaluiere, „es ist schließlich ein europäisches Stromnetz“.

Neben dem Staat suchen auch die privaten Netzbetreiber nach der Ursache des Stromausfalls, ebenso wie die Stromproduzenten, die Kraftwerke betreiben. Sánchez sagte dazu: „Wir respektieren logischerweise, dass die privaten Betreiber ihre Angaben machen und Analysen vorstellen, aber wir als Staat müssen selbst Untersuchungen anstellen.“ Er sagte weiter: „Wir werden alle privaten Betreiber zur Rechenschaft ziehen. So etwas darf nie wieder passieren.“

Hätte mehr Atomstrom den Blackout verhindern können?

Dies verneinte Ministerpräsident Sánchez während der Pressekonferenz am Dienstag. „Wären wir stärker von der Kernenergie abhängig gewesen, wäre das Wiedereinschalten nicht so schnell abgelaufen, als wir es jetzt erleben.“

Im spanischen Strommix hat Atomkraft 2025 bisher einen mittleren Anteil von etwa 22 Prozent. Mehr als 60 Prozent der öffentlichen Stromerzeugung in Spanien leisten erneuerbare Energien. Die spanischen Atomkraftwerke sind noch nicht wieder am Netz, nachdem sie am Montag in Notbetrieb gegangen waren.

Am Dienstagmorgen war die Versorgung für praktisch alle spanischen Haushalte wiederhergestellt, gab REE auf der Plattform X an. In Portugal waren am späten Montagabend alle Umspannwerke des nationalen Übertragungsnetzes wieder in Betrieb. Das planmäßige kaskadierte Abschalten am Montag ermögliche es den Netzbetreibern in Spanien und Portugal jetzt, „die Stromversorgung schnell und geordnet wieder aufzubauen“, so Veit Hagenmeyer.

Was war mit den „induzierten atmosphärischen Schwingungen“, über die am Montag als Ursache spekuliert wurde?

Weder menschliches Versagen noch ein meteorologisches oder atmosphärisches Phänomen habe den Stromausfall verursacht, sagt der Netzbetreiber REE laut El País. Dabei handele es sich um vorläufige Analysen, die genaue Untersuchung stehe noch aus.

Eduardo Prieto, REE-Direktor für Systembetriebsdienste, hatte am Montag gesagt, eine starke Spannungsschwankung verbunden mit Ausfällen in der Stromerzeugung hätte eine sehr wichtige Rolle gespielt. In Medien war die Rede von „induzierten atmosphärischen Schwingungen“, nach denen extreme Temperaturunterschiede Spannungsschwankungen in den Hochspannungsleitungen verursacht hätten. Medienberichte beriefen sich dabei auf den portugiesischen Netzbetreiber Redes Energéticas Nacionais.

Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde am Mittwoch um die Aussage der REE-Chefin Beatriz Corredor ergänzt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Stromnetz
:Warum der Strom in Süddeutschland bald teurer werden könnte

Eine Aufteilung Deutschlands in fünf Strompreiszonen könnte viel Geld sparen, heißt es in einem lange erwarteten Bericht im Auftrag der EU. Was das für Verbraucher und Industrie bedeuten würde.

SZ PlusVon Christoph von Eichhorn und Nakissa Salavati

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: