Streit um die Arktis:Wettfahrt in die Kälte

Ein Forschungsschiff soll Moskaus Anspruch auf die Arktis belegen. Anfang August wird ein amerikanisch-kanadisches Schiff mit dem selben Ziel aufbrechen. Es geht um Rechte auf noch unentdeckte Bodenschätze.

Frank Nienhuysen

Ein Captain's Dinner mit Meeresfrüchten wird es nicht geben, denn die Kreuzfahrt ist politisch. Laptew-See, Nordpol, Wrangelinsel, Ostsibirisches Meer und dann noch Tschukotka - das soll die Route der Wahrheit werden für die russische Akademik Fjodorow.

Akademik Fjodorow

50 Forscher wollen an Bord des russischen Forschungsschiffs "Akademik Fjodorow" drei Monate lang Beweise dafür sammeln, dass Russlands Anspruch auf die Arktis zu Recht besteht.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Das Schiff hat den Hafen von Archangelsk verlassen, nun wollen 50 Forscher drei Monate lang Beweise dafür sammeln, dass Russlands Anspruch auf die Arktis zu Recht besteht.

Die Fjodorow wurde für fünf Millionen Euro umgerüstet und mit neuestem Inventar bepackt, das dreidimensionale Tiefseeaufnahmen erlaubt. Wie wichtig die russische Mission ist, zeigt zweierlei. Zum einen sind Vertreter des Moskauer Verteidigungsministeriums an Bord. Zum anderen bricht Anfang August ein amerikanisch-kanadisches Schiff ebenfalls nach Norden auf. Es ist eine Wettfahrt in die Kälte, wo unentdeckte Bodenschätze schlummern sollen: Kobalt, Nickel, Silber, Gold, wohl auch Öl und Gas.

Vor drei Jahren hatte Russland am Nordpol in vier Kilometern Tiefe bereits symbolisch eine Flagge aus Titan in den Meeresgrund gerammt. Aber das war eher eine trotzköpfige PR-Tauchfahrt, zu einer Zeit, als das russische Verhältnis zum Westen gespannt war. Denn die Rechtslage ist klar, festgezurrt im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.

Die Anrainer der Arktis - Russland, die USA, Kanada, Dänemark und Norwegen - dürfen bereits jetzt eine Zone von 200 Meilen wirtschaftlich nutzen. Russland aber will nun mehr. Es will nachweisen, dass der in der Arktis liegende sogenannte Lomonossow-Rücken sowie der Mendelejew-Rücken tatsächlich natürliche Verlängerungen des russischen Kontinentalschelfs sind. Gelingt ihm dies, würde dem Land ein Gebiet von zusätzlich 1,2 Millionen Quadratkilometern zugewiesen.

Nächstes Jahr will Russland einen entsprechenden Antrag bei den Vereinten Nationen einreichen. 2001 hatten diese den Anspruch Moskaus noch zurückgewiesen, weil ihnen die Beweise nicht ausreichten. Das könnte sich nun ändern.

"Diesmal ist die Chance für Russland größer", sagt der Geophysiker Christian Reichert von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. "Damals waren die Daten zum Teil sehr alt und nicht aussagekräftig."

Doch die übrigen Anrainer wollen nicht einfach abwarten, dass Russland allein seinen Einflussbereich ausdehnt. Auch Amerikaner und Kanadier wollen ihren Festlandschelf und damit ihre Wirtschaftszonen weit vor in die Arktis verlagern. Oder ist der Lomonossow-Rücken sogar eine Verlängerung Grönlands und damit ein Schatz, der auch Dänemark zusteht? "

Letztlich streiten sich die Staaten um ein geologisches Gebiet, von dem nach den Regeln des Seerechts im Prinzip jeder ein eigenes Stück abbekommen kann", sagt Reichert. "Aber dazu muss auch jeder einzeln seine Beweise vorlegen. Und die Russen waren die Ersten, die den Stein ins Wasser geworfen haben."

Noch ist nicht einmal sicher, was genau sich überhaupt in den Tiefen der Arktis verbirgt und wo es liegt. Erst mit der Erwärmung und dem Abschmelzen der nördlichen Eiskappe wird der Zugang und damit die Erforschung der Bodenschätze immer leichter. "Aber es dürfte noch 30, 40 Jahre dauern, bis sich ein Investment wirklich lohnt", sagt Reichert. Zumindest den Eisbrecher Jamal, der jetzt den Weg für die hochgerüstete Akademik Fjodorow bahnt, kann sich Russland dann sparen.

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