Streit um alternative Kraftstoffe:Republikaner bremsen Pentagon bei Biosprit aus

Das US-Militär verbraucht zwei Prozent des Treibstoffs der USA und setzt zunehmend auf alternative Kraftstoffe. Die Republikaner stören sich daran gewaltig: "Das Verteidigungsministerium sollte es sich nicht zur Aufgabe machen, den Markt für Treibstoffe zu verändern". Der Streit bedroht auch die junge Industrie, die aus exotischen Materialien wie Algen Biosprit herstellt.

Robert Service

Das US-Militär ist nicht nur eine gewaltige Streitmacht, sondern auch ein großer Wirtschaftsfaktor. Vor allem für seine Kampfflugzeuge und Schiffe verbraucht das Pentagon zwei Prozent des Treibstoffs der USA. Doch Versuche, sich aus der Abhängigkeit von importierten Rohstoffen zu befreien, stoßen bei konservativen Politikern auf Widerstand. Es ist ein Streit, der weit über die Welt der Uniformierten hinaus wirkt.

Erdbeben auf Haiti - US-Flugzeugträger auf Weg nach Haiti

Die USS Carl Vinson: Das Militär ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.

(Foto: dpa)

Seit der vergangenen Woche versucht das Repräsentantenhaus das Verteidigungsministerium daran zu hindern, einen Vorrat an alternativen Kraftstoffen anzulegen. Kommen die Abgeordneten mit dem Verbot durch, würde das wohl auch die Zukunftsaussichten jener neuen Industrie zerstören, die aus exotischen Materialien wie Algen Biosprit macht.

Das Repräsentantenhaus hat gezielt einen relativ kleinen Posten aus dem Finanzplan des Pentagon gestrichen, der sich für 2013 insgesamt auf 691 Milliarden Dollar beläuft. 12 Millionen Dollar davon wollte das Militär für 450.000 Gallonen (1,75 Millionen Liter) Biotreibstoff ausgeben. Das entspräche einem Spritpreis von umgerechnet 5,40 Euro pro Liter - mehr als das achtfache des Marktpreises für herkömmlichen Treibstoff.

Eine zweite Bestimmung, die eine Parlamentskammer bei der Gelegenheit eingefügt hat, würde es den Streitkräften zudem erlauben, Treibstoffe zu kaufen, die mehr Kohlendioxid freisetzen als konventionelles Kerosin. Das ist in den USA seit 2007 verboten, das Pentagon hätte somit ein Sonderrecht, das es gar nicht will.

Beide Bestimmungen stammen vom Abgeordneten Mike Conaway, einem Republikaner aus dem Ölstaat Texas. "Das Verteidigungsministerium sollte es sich nicht zur Aufgabe machen, den Markt für Treibstoffe zu verändern und Innovationen zu fördern", begründete Conaway seine Anträge bei einer Ausschusssitzung Anfang Mai, bevor die Parlamentskammer darüber abstimmte. "Es soll das Land verteidigen und den größten Effekt für das Geld erzielen, das es ausgibt." Der Abgeordnete habe nichts gegen Biotreibstoffe, sagt sein Pressesprecher Sam Ray. Aber die Regierung müsse nun einmal sparen.

Diese Ansicht enthalte "ein fundamentales Missverständnis unserer Ziele", konterte der Marine-Minister Ray Mabus im Zuge der schon länger andauernden Debatte bei einem Fernsehauftritt. Eine lebhafte Industrie für fortgeschrittene Biotreibstoffe könne dabei helfen, die Verletzlichkeit der Vereinigten Staaten bei Ölkrisen zu mindern. Sie würde jene Preissprünge abpuffern, die das Pentagon im vergangenen Jahr 3,6 Milliarden Dollar gekostet hätten. "Wir tun dies für die nationale Sicherheit und die Energieversorgung. Wir machen es, um bessere Kämpfer zu sein", sagte Mabus.

Jene Firmen, die hochwertige Biotreibstoffe entwickeln, sehen in dem Gesetzestext von Conaway eine Bedrohung. Würde der Senat zustimmen und die Bestimmung geltendes Gesetz, verlören sie ihren größten Kunden. "Das amerikanische Militär, speziell die Marine, ist für erneuerbare Treibstoffe die wichtigste Organisation auf dem Planeten", sagt Stephen Mayfield, Experte für Algen-Sprit von der University of California in San Diego und Gründer der Firma Sapphire Energy. Ohne diese Marktkraft, "werden wir einfach nicht viele Investitionen in fortgeschrittene Biotreibstoffe sehen", fürchtet Wally Tyner von der Purdue University in Lafayette, Indiana.

Geschäfte mit dem Militär

Der Gebrauch von Biosprit ist in den USA weiter verbreitet als in Europa. Aber der meiste kommerzielle alternative Treibstoff besteht aus Ethanol, das durch Vergärung von Maisstärke oder Zuckerrohr gewonnen wird. Sein Energiegehalt ist zu gering für Kampfflugzeuge und Schiffe. Neuere, sogenannte fortgeschrittene Treibstoffe aus Algen oder Leindotter können mit herkömmlichen Produkten vermischt und in Hochleistungsmotoren verbrannt werden.

Die US-Marine hat sich das Ziel gesetzt, im Jahr 2020 die Hälfte ihres Bedarfs mit grünem Treibstoff zu decken; die Air Force will das schon 2016 erreichen. Als Teil dieser Anstrengung haben im vergangenen Jahr die Marine, das Energie- und das Landwirtschaftsministerium vereinbart, innerhalb von drei Jahren 510 Millionen Dollar für erneuerbaren Sprit auszugeben.

Dabei sind Treibstoffe nicht die einzige Front, an der das Militär in Konflikt mit dem Kongress geraten könnte. Nach einem Bericht des think tanks Pew Charitable Trusts von 2011 erwartet das Pentagon, im Jahr 2015 insgesamt 2,25 Milliarden Dollar für saubere Energie auszugeben, zum Beispiel für sparsame Gebäudetechnik. Im Jahr 2030 sollen es bereits zehn Milliarden Dollar sein.

Bis jetzt haben sich die Republikaner im Repräsentantenhaus nur gegen die Biotreibstoffe gewandt. Aber es geht nicht nur um den Preis des Sprits: Conaway will das Militär auch von einem 2007 erlassenen Gesetz ausnehmen, wonach niemand Kraftstoffe nutzen darf, die mehr Treibhausgase produzieren als Erdölprodukte. Das öffnet die Tür für Kerosin- oder Dieselersatz aus Kohle und anderen Rohstoffen. Diese Gelegenheit, mit dem Militär ins Geschäft zu kommen, würden Politiker aus kohlereichen US-Bundesstaaten den Firmen daheim gern verschaffen.

Doch muss der Senat den Änderungen des Repräsentantenhauses noch zustimmen. Offenbar möchte dort Senator James Inhofe, ein Republikaner aus Oklahoma, Conaways Vorstöße unterstützen. Aber da die Demokraten die Kammer kontrollieren, wird es für die Republikaner nicht einfach, sich durchzusetzen. Im vergangenen Jahr wurde ein ähnlicher Versuch, das Militär an der Beschaffung von Biosprit zu hindern, in einem Vermittlungsausschuss gestoppt. Diesmal aber könnte das Militärbudget bis zur Präsidentenwahl im November verschleppt werden.

Die US-Marine verfolgt unterdessen ihre Pläne. Im Juli ist ein Flottenmanöver namens Great Green Fleet (Große grüne Flotte) im Pazifik geplant: Ein mit Biosprit, Kernkraft und weiteren Erdöl-Alternativen angetriebener Flugzeugträger und seine Begleitschiffe sollen teilnehmen.

Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe von Science, dem internationalen Wissenschaftsmagazin, herausgegeben von der AAAS. Weitere Informationen: www.sciencemag.org und www.aaas.org. Dt. Bearbeitung: cris

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