Süddeutsche Zeitung

Archäologie:Woher die Idee für Stonehenge kam

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Von Tobias Kühn

Stonehenge, die Steinreihen von Carnac und andere uralte Kultstätten aus großen Steinen entfachen bis heute die Fantasie der Menschen. Eine bislang ungeklärte Frage ist: Wo war der Ursprung dieser Megalith-Kultur? Offenbar, so sagen jetzt Forscher, lag dieser im Nordwesten Frankreichs. Von dort verbreitete sich die Kultur in das übrige Europa, vermutlich über den Seeweg. Das berichtet die Archäologin Bettina Schulz Paulsson von der Universität Göteborg in der Fachzeitschrift PNAS.

Ein Rätsel war lange, warum sich die in Europa verstreuten Kultstätten so sehr ähneln. Um diese Frage zu klären, analysierte Schulz Paulsson die Daten von 2140 Proben von kohlenstoffhaltigen Überresten, die im Bereich von Megalith-Stätten in verschiedenen europäischen Regionen gefunden wurden. Meist handelte es sich um Holzkohle oder menschliche Knochen. Unter anderem lässt bereits die geologische Schicht, in der die Überreste gefunden wurden, eine grobe Bestimmung des Alters zu.

Steingräber über Europa verstreut

Die älteste bekannte megalithische Kultstätte ist demnach das Hügelgrab St. Michel im bretonischen Carnac, das wohl um 4700 vor Christus errichtet wurde. Dieser Grabstätten-Typ hat sich bis etwa 4000 vor Christus bis ins heutige Spanien, Südfrankreich und Italien ausgebreitet. Um das Jahr 4300 vor Christus entstand in Mittelwest-Frankreich eine weitere Grabform, die für neue Begräbnisse wieder geöffnet werden konnte. Auch diese fand später in Spanien und Großbritannien Nachahmung. In einer dritten Welle erreichten die Megalithen dann schließlich Skandinavien und, von etwa 3000 vor Christus an, Deutschland. Da die jeweiligen Fundorte in der Nähe des Meeres liegen, sei von einer Verbreitung durch Seefahrer auszugehen, heißt es in der Studie.

Die Hypothese, dass alle Megalith-Kulturen einen gemeinsamen Ursprung haben, wurde schon vor mehr als 100 Jahren aufgestellt. Damals galt aber der Nahe Osten als Ausgangsort. Frühere Datierungen widerlegten diese Theorie jedoch, sodass man lange Zeit von einer gleichzeitigen Entwicklung an mehreren Orten ausging. Dass sich die Bauweise der Megalith-Gräber vermutlich über die Seefahrt ausgebreitet hat, eröffne eine "neue Debatte über die maritime Mobilität in der Jungsteinzeit", so Schulz Paulsson. Dass es zu dieser Zeit schon Seeschifffahrt in Europa gab, ist bekannt. Neu wäre hingegen, dass die frühen Seeleute ihre kultischen Vorstellungen auf diesem Wege verbreiteten.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2019
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