Sternenhimmel im September:Unendliche Weiten

Bereits vor 6000 Jahren gaben die Sumerer den Sternen Namen, um ein bisschen Ordnung in den Himmel zu bringen - heute wird streng nach Helligkeit sortiert.

Helmut Hornung

In klaren, mondlosen Septembernächten verläuft von Süden nach Norden das Band der Milchstraße. In sie eingebettet, funkeln jetzt hoch über unseren Köpfen die Sterne des Sommerdreiecks: Atair im Adler, Deneb im Schwan und Wega in der Leier. Die Milchstraße scheint aus diffusen Wolken zu bestehen. Doch der Schein trügt: "Auf welche ihrer Abschnitte man nämlich das Fernrohr auch richten mag, sogleich zeigt sich dem Blick eine ungeheure Menge von Sternen, von denen mehrere ziemlich groß und sehr auffallend sind; die Anzahl der kleinen jedoch ist schlechthin unerforschlich."

Sternenhimmel 9-2011

Der Sternenhimmel  Anfang September, 22.30 Uhr, bis Ende September, 20.30 Uhr.

(Foto: M. Rothe)

Das schrieb der italienische Astronom Galileo Galilei in seinem 1610 erschienenen Sidereus Nuncius. Kein Mensch hat jemals die Sterne gezählt - im gesamten Universum gibt es vielleicht einige Quadrillionen. Doch selbst wer mit bloßem Auge in einer dunklen Nacht im Gebirge nur wenige Tausend sieht, ist überwältigt. Um Ordnung am Himmel zu schaffen, fassten die Menschen die Lichtpünktchen zu Figuren zusammen. Schon die Sumerer haben vor 6000 Jahren einige helle Sterne getauft. Heute gibt es etwa 240 Sterne mit Eigennamen, mehr als 200 davon stammen mehr oder weniger von den Arabern. In vorislamischer Zeit studierten Beduinen den Lauf der Gestirne, um etwa die Jahreszeiten zu bestimmen. Im Gegensatz zu den Babyloniern oder den Griechen hatten sie aber nicht die Bilder im Auge, sondern einzelne helle Sterne.

Über die Jahrtausende haben sich die Namen kaum im Original erhalten: So etwa versuchten jene Übersetzer, die im Mittelalter arabische Schriften ins Lateinische übertrugen, die Namen möglichst lautgetreu wiederzugeben - was nicht immer gelang; außerdem unterliefen den Kopisten beim Abschreiben viele Fehler.

Nach Erfindung des Buchdrucks ging der eine oder andere Astronom daran, die arabischen Namen zu deuten und auf ihre vermeintlichen Grundformen zurückzuführen, die es aber häufig gar nicht gab. Und drittens fügten bis in die Neuzeit manche Forscher arabisch klingende Namen oder Namensteile hinzu. Weniger kompliziert ist die Geschichte der anfangs erwähnten Sterne des Sommerdreiecks. Sie stammen direkt aus dem Arabischen: Atair im Adler bedeutet "fliegender Adler" (al-nasr al-tair), Deneb im Schwan "Schwanz der Henne" (danabh al dajajah). Wega hieß ursprünglich "herabstürzender Adler" (an-nasr al-waqi), das Wort waqi ging dann auf den hellsten Stern des Bildes über.

Heute lassen sich Forscher von der Vielfalt nicht mehr verwirren. Sie verwenden ein 1603 von Johann Bayer eingeführtes System, wonach die Sterne einer jeden Konstellation gemäß ihrer Helligkeit sortiert sind, und zwar nach den Buchstaben des griechischen Alphabets und dem folgenden Genitiv des lateinischen Sternbildnamens. So heißen die oben erwähnten Sterne einfach Alpha Aquilae (Atair), Alpha Cygni (Deneb) und Alpha Lyrae (Wega). Bei schwächeren Sternen und besonderen Typen - etwa Veränderlichen - kommen dann Kombinationen aus Buchstaben, Ziffern und Katalognamen zum Einsatz.

Vom 4. bis 9. September mögen versierte Beobachter den Merkur knapp über dem Osthorizont in der Morgendämmerung aufspüren. Mars wandert von den Zwillingen in den Krebs und geht Ende des Monats eineinhalb Stunden nach Mitternacht auf. Jupiter im Widder leuchtet fast die ganze Nacht als glänzendes Gestirn vom Himmel. Uranus in den Fischen gelangt am 26. September in Opposition, Neptun im Wassermann zeigt sich während der ersten Nachthälfte. Venus und Saturn bleiben unbeobachtbar.

Die meisten Sternschnuppen, die im September über das Firmament flitzen, gehören zu den wenig auffallenden Meteorschwärmen der Pisciden, Tauriden und Delta-Aurigiden. Der Fahrplan des Erdtrabanten: Erstes Viertel am 4., Vollmond am 12., Letztes Viertel am 20. und Neumond am 27. September. Am 23. September kreuzt die Sonne auf ihrer Jahresbahn den Himmelsäquator, um 11.05 Uhr beginnt der astronomische Herbst.

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