Sternenhimmel im Oktober:Rätselhafte Spiegelwelt

Sternenhimmel Oktober 2013

Der Sternenhimmel von Anfang Oktober, 22.30 Uhr bis Ende Oktober, 19.30 Uhr

(Foto: M. Rothe)

Im Sternbild Andromeda ist in klaren Nächten die Andromedagalaxie zu sehen. Ein Blick in diese Spiralgalaxie wirft die Frage auf: Gibt es Sternsysteme aus Antimaterie? Was es im Oktober sonst noch am Firmament zu sehen gibt.

Von Helmut Hornung

In einer klaren Herbstnacht schimmert im Sternbild Andromeda ein zartes Gespinst. Der Blick durchs Fernrohr offenbart ein helles, scheibenförmiges Wölkchen, das der persische Astronom Al-Sufi erstmals im 10. Jahrhundert erwähnt hat.

In dem Moment, da wir das Objekt betrachten, blicken wir ungefähr zweieinhalb Millionen Jahre in die Vergangenheit zurück. Denn so lange benötigt das Licht, um von der Andromedagalaxie (M 31) zu uns zu gelangen. Die ferne Milchstraße misst etwa 140.000 Lichtjahre im Durchmesser und ist damit etwa eineinhalb Mal größer als unsere. Die kosmische Spirale umfasst neben Gas- und Staubwolken nicht weniger als eine Billion Sterne, ungefähr die siebenfache Menge unseres Systems.

Abgesehen von den Dimensionen sind sich die Galaxis und ihre Nachbarin in der Andromeda sehr ähnlich. So bestehen die Sonnen dort aus den gleichen Elementen wie jene in unserer Welteninsel, es gibt die gleichen Sterntypen - rote Riesen oder weiße Zwerge etwa -, Supernovae oder schwarze Löcher und sicher auch Planeten.

Vielleicht aber gibt es doch einen entscheidenden Unterschied? Vielleicht blicken wir bei der Beobachtung fremder Milchstraßen in eine Art Spiegelwelt?

Der Physiker Arthur Schuster spekulierte schon im Jahr 1898 über die Existenz von "Antimaterie", die man aus der Ferne nicht identifizieren könnte. Schuster meinte Materie mit negativer Schwerkraft, die sich heute allenfalls in der Science-Fiction findet. In der Physik sollte zumindest der Begriff zu Ehren kommen, denn 1932 wies Carl D. Anderson das erste Teilchen der Antimaterie nach. Es war vier Jahre zuvor von Paul Dirac theoretisch vorhergesagt und auf den Namen Positron getauft worden.

Der Unterschied zur normalen Materie liegt nicht in der Schwerkraft, sondern in der elektrischen Ladung; sie ist vertauscht: So kann man das Positron als ein positiv geladenes Elektron bezeichnen. Aber auch Antiprotonen, Antineutronen und viele andere Antiteilchen wurden nachgewiesen. Ja, die Forscher konnten solche Spiegelmaterie in Beschleunigern sogar selbst erzeugen, etwa Antiwasserstoff. Im Mai 2011 haben Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS einen Detektor montiert, der Antiteilchen aus dem All auffängt. Seither hat dieses 1,5 Milliarden Dollar teure Alpha Magnetic Spectrometer aus der kosmischen Strahlung einige Hunderttausend Positronen herausgefischt.

Woher kommt die Antimaterie?

Über ihre Quellen rätseln die Astronomen noch. Die Ruinen explodierter Sterne kommen ebenso in Frage wie die geheimnisvolle dunkle Materie. Dennoch scheint die normale Materie mengenmäßig die Antimaterie um ein Vielfaches zu übertreffen. Und diese Tatsache bereitet den Wissenschaftlern ebenfalls Kopfzerbrechen: Im Urknall sollten eigentlich gleich viele Antiteilchen wie Teilchen auf die Welt gekommen sein - und sich gegenseitig vernichtet haben. Das Universum beweist, dass dies keineswegs der Fall war. Warum also hat es die vollständige Annihilation in der Natur nicht gegeben?

Offenbar verlief der Urknall nicht symmetrisch. Jeweils auf eine Milliarde Antiteilchen kamen eine Milliarde und ein Teilchen - und dieses Letztere überlebte das Strahlenmassaker. Materie dominiert das All. Demnach wären ganze Sternsysteme aus Antimaterie sehr unwahrscheinlich. Bei der Andromedagalaxie hat man in vier Milliarden Jahren Gewissheit - wenn sie mit unserer Milchstraße kollidiert. Bestehen beide aus gewöhnlicher Materie, sollten sie den Crash überleben und zu einem größeren System verschmelzen. Wenn nicht, zerstrahlen sie in einem spektakulären Feuerwerk zu nichts.

Merkur lässt sich im Oktober in unseren Breiten nicht blicken, ebenso unsichtbar bleibt der Ringplanet Saturn. Venus wandert von der Waage in den Skorpion und setzt am südwestlichen Abendhimmel einen Glanzpunkt; am 8. Oktober gegen 19.30 Uhr strahlt sie knapp über dem Horizont nahe der schmalen Sichel des zunehmenden Mondes. Mars im Löwen erscheint erst weit nach Mitternacht, am 15. Oktober zieht er an dem Stern Regulus vorbei.

Jupiter in den Zwillingen verlegt seine Aufgänge in die späten Abendstunden. Uranus in den Fischen gelangt am 3. Oktober in Opposition zur Sonne und ist Planet der gesamten Nacht; von der Erde ist er dann 2,848 Milliarden Kilometer entfernt, im Teleskop erscheint er als grünlich schimmerndes winziges Scheibchen. Neptun finden erfahrene Beobachter in der ersten Nachthälfte im Wassermann.

Am 18./19. Oktober tritt der Vollmond in den Halbschatten der Erde. Das wenig spektakuläre Schauspiel - nur an der lunaren Südhälfte kann man eine leichte Verdunkelung erkennen - dauert von 23.48 bis 3.52 Uhr. Der weitere Fahrplan: Neumond am 5., Erstes Viertel am 12. und Letztes Viertel am 27. Oktober. Zwischen dem 7. und dem 11. Oktober zieht die Erde durch die lang gestreckte Trümmerwolke des Kometen 21P/Giacobini-Zinner, die Delta-Draconiden flitzen über das Firmament. Am 21. Oktober erreichen die Orioniden ihr Maximum, 20 bis 30 Meteore pro Stunde können es sein.

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