Sternenhimmel im November:Nicht von dieser Welt

Der Komet Hartley 2 rast im November an der Erde vorbei - und die Raumsonde "Deep Impact" schießt Fotos aus 700 Kilometern Entfernung. Die Bilder sollen Aufschluss geben über die Wurzeln unserer Herkunft.

H. Hornung

Der Brocken ist gerade mal halb so groß wie die Zugspitze und nicht von dieser Welt. Dennoch hat Hartley 2 in den vergangenen Wochen die Astronomen bewegt. Wer sein Fernglas zum Nachthimmel richtete, sah ihn als blasses Nebelfleckchen auf dem Weg durch die Sternbilder Perseus und Fuhrmann. Bald wird der Komet im Nordosten von der Bildfläche verschwinden. Aufgespürt hat ihn der Australier Malcolm Hartley im März 1986; innerhalb von 6,27 Jahren zieht er einmal um die Sonne. Während Schweifsterne früher als böse Omen galten, rücken Forscher diesen Objekten heute mit ausgeklügelten Messinstrumenten zu Leibe. So hatte das Hubble-Teleskop schon Ende September Hartley 2 in den Fokus genommen. Auch der Infrarot-Satellit Wise fotografierte ihn.

Hartley 2

Der Komet Hartley 2 zieht sich im November durchs Sternenbild. Der Brocken enthält weitgehend unverändert jene Materie, aus der auch die Erde entstanden ist.

(Foto: M. Rothe)

Höhepunkt der Kampagne ist zweifellos ein Rendezvous der besonderen Art: Am 4. November soll die Raumsonde Deep Impact in nur 700 Kilometer Abstand an dem Vagabunden vorbeiziehen und Nahaufnahmen übermitteln. Was den natürlichen Weltraumschrott für die Wissenschaft so interessant macht, ist dessen Geschichte. Kometen sind die Fossilien der Astronomie und künden von der Babyzeit unserer kosmischen Nachbarschaft. Die Trümmer stammen meist aus fernen Bezirken des Sonnensystems und haben jene Materie weitgehend unverändert gespeichert, aus der die Erde und ihre Geschwister vor 4,6 Milliarden Jahren geboren wurden. So besteht das mehr oder weniger lose Konglomerat eines Kometenkerns aus gefrorenen Gasen wie Methan, Ammoniak und anderen Kohlenwasserstoffen sowie aus Einschlüssen von Staub, Geröll und Eisenteilchen.

Ein Blick auf einen solchen schmutzigen Schneeball bedeutet eine Exkursion zu den Wurzeln unserer Herkunft. Die Sonde Deep Impact hat schon Pionierarbeit geleistet, als sie vor gut fünf Jahren ein 372 Kilogramm schweres Projektil auf den Kometen Tempel 1 abfeuerte. Nun wird sie unter dem Namen Epoxi an Hartley 2 vorbeiziehen - dieses Mal auf Fotosafari in friedlicher Mission.

Während die Forscher auf detailreiche Ansichten warten, bekommen die Sterngucker von der Erde das Herz des Kometen gar nicht zu sehen. Was sich am Firmament zeigt, ist die mehrere Tausend Kilometer durchmessende Gashülle, die den Kern umgibt. Seit ein paar Tagen ragt aus dieser Koma ein kleiner Schweif heraus, das charakteristische Merkmal eines Kometen. Nähert sich dieser auf seiner Bahn aus den Weiten des Weltalls der Sonne, nimmt die Temperatur zu. Ein Teil des tiefgefrorenen Kometengases verdampft. Außerdem treibt der stetig wehende Sonnenwind - ein Strom aus geladenen Teilchen - sowie der wachsende Lichtdruck die Moleküle und Partikel vom Kometenkopf weg. Auf diese Weise kommt der bröselige Brocken zu einem prachtvollen Schweif und der Amateurastronom zu manch faszinierendem Fotomotiv.

Während Merkur und Mars unsichtbar bleiben, erscheint Venus Mitte November tief am südöstlichen Morgenhimmel; dort, im Sternbild Jungfrau, hält sich auch Saturn auf. Jupiter prangt im Wassermann als helles Gestirn am abendlichen Firmament. Uranus in den Fischen und Neptun im Steinbock sind ebenfalls Planeten der ersten Nachthälfte. Der aktuelle Fahrplan des Erdbegleiters: Neumond am 6., Erstes Viertel am 13., Vollmond am 21. und Letztes Viertel am 28. November.

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