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Steinzeit:Frauenraub führte zu Massaker

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Vor etwa 7000 Jahren starben beim "Massaker von Talheim" 34 Menschen. Britische Forscher vermuten nun, dass es den Angreifern darum ging, die Frauen eines Dorfes zu entführen.

Es war ein Massaker, bei dem vor etwa 7000 Jahren in Talheim bei Heilbronn 34 Menschen starben. Die Opfer wurden mit Beilen erschlagen, einige mit Pfeilen von hinten erschossen. Die Verletzungen der Knochen deuten darauf hin, dass die Opfer kaum Gegenwehr gezeigt hatten. Demnach waren sie vermutlich in einen Hinterhalt geraten oder im Schlaf überfallen worden.

Unter den Toten waren 16 Kinder sowie 18 Erwachsene - neun Männer, sieben Frauen und zwei Personen, deren Geschlecht nicht bestimmt werden konnte.

Doch warum wurden sie getötet? Wissenschaftler der Universität Durham in Großbritannien haben nun einen gut begründeten Verdacht: Die Menschen starben bei einem Überfall auf ein Dorf - und es ging um die Frauen des einheimischen Stammes.

Die britischen Forscher um Alex Bentley hatten die Zähne der Opfer mit Hilfe einer Isotopenanalyse untersucht, bei der Elemente wie Strontium, Sauerstoff und Kohlenstoff im Zahnschmelz der Toten Hinweise auf ihre Nahrung und die Gegend geben, in der sie aufgewachsen waren ( Antiquity, Bd. 82, S.290, 2008).

Demnach gab es unter den Getöteten drei Gruppen: Vier Männer und mindestens acht Kinder waren Bewohner des Dorfes. Dann gab es noch eine Familie, die nicht zu dem Stamm gehörte sowie einige Personen, die offenbar aus einer höher gelegenen Gegend ins Dorf gekommen waren. Da unter den Opfern aus dem Dorf keine einzige Frau ist, vermuten die Forscher, dass diese das Ziel des Angriffs waren und entführt wurden.

"Unsere Analyse deutet darauf hin, dass die einheimischen Frauen als irgendwie besonders angesehen und deshalb am Leben gelassen wurden", sagte Bentley.

Eine mögliche Erklärung für die ortsfremden Opfer wäre, dass es sich um Besucher handelte, da sich die Bewohner der Region damals schon in Ackerbauern und Viehzüchter aufgeteilt hatten, die sich in benachbarten Gegenden aufhielten. Sie wären dann zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Eine zweite Möglichkeit ist, dass die Fremden zu den Angreifern gehörten.

Die Skelette der Steinzeitmenschen waren 1983 von einem Bauern beim Pflügen entdeckt worden. Seitdem versuchen Archäologen, Gerichtsmediziner und Anthropologen, den Tathergang zu ermitteln. Den Funden wird große Bedeutung beigemessen, weil sie die ersten Zeugnisse für Gewalt in der Jungsteinzeit waren. Eine Ausstellung im Neanderthal-Museum im nordrhein-westfälischen Mettmann zeigt noch bis zum 22. Juni eine Rekonstruktion des Mordes.

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dpa
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