Steinpilze aus China:Pilzforscher entdeckt neue Arten im Supermarkt

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Diese Packung Steinpilze enthielt neue Spezies (Foto: Bryn Dentinger / CC by SA)

Ein britischer Mykologe hat im Supermarkt drei unbekannte Steinpilzspezies aufgespürt. "Unser Essen beherbergt neue Arten", sagt der Wissenschaftler. Verantwortlich für den Fund ist seine Frau.

Von Christoph Behrens

Manchmal reicht schon ein Fußweg in den nächsten Supermarkt, um neue Arten zu entdecken. Apium graveolens, Brassica oleracea, Cynara scolymus - welches Kind weiß heute schon, wie Sellerie, Kohlrabi und Artischocken aussehen? Selbst Wissenschaftler gewinnen beim Lebensmittelhändler neue Erkenntnisse. So entdeckte der britische Pilzforscher Bryn Dentinger kürzlich drei neue Pilzsorten in einer Packung getrockneter Steinpilze, die seine Frau für das Abendessen mit nach Hause brachte.

Der Mykologe behandelte den Einkauf wie einen seltenen Fund und analysierte 15 zufällig aus der Packung herausgepickte Pilze in seinem Labor an den Königlichen Botanischen Gärten im Londoner Stadtteil Kew. Die Erbgut-Untersuchung belegte, dass Dentinger auf neue Arten gestoßen war. "Keine davon war benannt oder beschrieben", erklärt er mit seiner Kollegin Laura Suz im Fachblatt PeerJ.

Die Packung Steinpilze stammte aus China, so wie mittlerweile die meisten der in Europa verkauften Steinpilze. Die Forscher analysierten kleine Abschnitte im Genom, die typisch für einzelne Arten sind. Eine der neuen Spezies tauften die Forscher Boletus shiyong, was übersetzt etwa "essbarer Dickröhrling" bedeutet.

Bis zu sechs Millionen Arten

Die Ergebnisse zeigen für die Pilzforscher vor allem, welche Fülle unter den Pilzen herrsche. Neuere Schätzungen gehen von bis zu sechs Millionen Fungi aus, bekannt sind davon nur etwa 100 000. Die meisten davon sind Einzeller, die im Boden, oft in Symbiose mit Pflanzen, gedeihen. Die Exemplare mit Stengeln, Knollen und Hüten, die man im Wald findet, sind eher die Ausnahme.

Und selbst bei den Großen gebe es Wissenslücken. "Diese Vielfalt ist nicht auf entfernte, unerforschte Weltregionen beschränkt", schreiben die Forscher. "Sogar unser Essen beherbergt neue Arten." Gefährlich ist das in den allermeisten Fällen wohl nicht, bei den Steinpilzen sind etwa keine giftigen bekannt. Einige können aber allergische Reaktionen auslösen; ein besseres Verständnis des Pilz-Potpourris sei daher dringend nötig, mahnen Dentinger und Suz.

Doch der Formenreichtum sei nun bedroht. Zwar würden rund 1200 Pilze jedes Jahr neu beschrieben, doch die Aussterberate könnte bis zu fünf Mal so hoch sein. Das bedeutet, dass jährlich zwischen 0,1 und 5 Prozent der Pilzarten für immer verschwinden. Die meisten davon, bevor sie entdeckt werden.

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