Stammzellforschung:Arbeit zum künstlichen Sperma zurückgezogen

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Die Publikation über die Züchtung künstlicher Spermien hatte für Aufsehen gesorgt. Nun zeigt sich, dass sie Formfehler hatte.

Christina Berndt

Die winzigen Kreaturen besaßen einen Kopf und einen Schwanz - also alles, was sie wie Spermien aussehen ließ. Dass Wissenschaftler um Karim Nayernia von der britischen Newcastle University männlichen Samen aus menschlichen Stammzellen gezüchtet haben wollten, erregte vor zwei Wochen einiges Aufsehen. Nun aber hat die Spermien ein Schicksal ereilt, das zu den unangenehmsten in der Wissenschaft gehört: Die Fachzeitschrift Stem Cells and Development, in der die Erschaffung der Spermien publiziert worden war, zog den entsprechenden Artikel zurück.

Der Grund: Die Einleitung, die den Stand des Wissens darstellt, war von einem alten Artikel abgeschrieben. Wichtige neue Erkenntnisse, die es seither gegeben hatte, waren nicht erwähnt. An den Daten aber, betont die Zeitschrift ausdrücklich, sei nichts auszusetzen.

Einer von Nayernias Ko-Autoren will nun trotzdem nichts mehr mit der Publikation zu tun haben. Miodrag Stojkovic, Nayernias Vorgänger in Newcastle und nun in Valencia tätig, stand mit auf der Veröffentlichung, weil er Zellen hergestellt hatte, mit denen Nayernia gearbeitet hat. Nun zieht Stojkovic seinen Namen von der Publikation zurück. Er hatte sich ohnehin schon seit Erscheinen über die Arbeit geärgert. "Ich habe die endgültige Version vor der Veröffentlichung nie zu sehen bekommen. Das gehört sich nicht", sagt Stojkovic.

Ebenso erging es einem weiteren Ko-Autor, Wolfgang Engel von der Universität Göttingen. Der aus Iran stammende Nayernia verteidigt sich. Er habe das Manuskript an alle Autoren versendet, sagte er auf Anfrage. Nun wolle er seine Daten mit einer neuen Einleitung noch einmal bei Stem Cells and Development einreichen.

"Zu viel Publicity"

Damit könnte er auch Erfolg haben: "Wissenschaftlich habe ich an den Daten selbst nichts zu meckern", ergänzte Stojkovic. "Da halte ich mich raus." Aber ein weiterer Punkt missfällt dem Stammzellforscher doch: "Um diese Arbeit wurde viel zu viel Publicity gemacht." Wie andere Forscher auch glaubt Stojkovic nicht so recht daran, dass die Spermienzucht wirklich gelungen ist.

Deshalb waren die Erschaffer des Stammzell-Spermas gleich nach Bekanntwerden ihrer Daten unter Beschuss geraten. Kritiker bezweifelten, dass es sich wirklich um Spermien handelte. Diese müssten erst einmal beweisen, dass sie auch Eizellen befruchten können - ein Beweis, der so allerdings aus Gründen des Embryonenschutzes auch in Großbritannien verboten ist. "Hier gibt es noch einiges zu tun", sagt Stojkovic. "Es reicht nicht zu sagen, sie haben doch Kopf und Schwanz."

© SZ vom 25.07.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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