Stammzellenforschung:Copyright aufs Leben

Ein Forscher streitet vor dem Bundesgerichtshof um die Verwertung von Stammzellprodukten. Doch nur weil die Forschung erlaubt ist, muss ihr Ergebnis nicht patentiert werden.

M. Drobinski

Ein Patent ist der Lohn des Staates für den Erfinder: für seinen Einfall, seinen Forschergeist, seine Hartnäckigkeit. Für eine bestimmte Zeit gehört die Erfindung nun ihm und nur ihm, er kann Geld mit ihr verdienen, oder indem er Lizenzen zur Nutzung der Erfindung verkauft.

Stammzellenforschung: Forscher Oliver Brüstle will seine aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Zellen patentieren lassen.

Forscher Oliver Brüstle will seine aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Zellen patentieren lassen.

(Foto: Foto: dpa)

Das deutsche Patentrecht, das dies so festlegt, stammt aus dem Jahr 1877. Es trägt den Geist des Gründerbooms und des Vereins Deutscher Ingenieure; seine Helden sind Tüftler, die mit Schraubenzieher und Lötkolben für eine bessere Welt werkeln. Es nützt heute auch Chemikern und Programmierern. Doch bei der Gen- und Biotechnologie kommt es an seine Grenzen: Kann man Leben patentieren?

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat nun erstmals darüber verhandelt, ob es in Deutschland erlaubt ist, ein Patent zur Herstellung von Zellen aus embryonalen Stammzellen zu erteilen. Der Bonner Forscher Oliver Brüstle hatte es vor zehn Jahren bekommen, das Bundespatentgericht hatte es ihm 2006 wieder entzogen.

Denn Brüstles Patentansprüche schlossen ausdrücklich die Produktion menschlicher Zellen ein. Brüstle wollte sich damit nicht abfinden. Er findet, er habe den gleichen Schutz verdient wie der Kollege mit dem Lötkolben und der Zellforscher im Ausland.

Forscher, nicht Erfinder

Wenn man den Vorsitzenden Richter Peter Maier-Beck richtig versteht, kann Brüstle zumindest mit einem Teilerfolg rechnen. Der Richter sagte, dass Brüstles Forschung in Deutschland nicht verboten sei und kündigte die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes an, weil in anderen europäischen Ländern gentechnische Verfahren leichter patentiert würden als in Deutschland.

Es muss aber nicht einfach etwas patentiert werden, weil es gesetzlich erlaubt ist - sollte der BGH so entscheiden, würde er einem Irrtum aufsitzen. Ein Patent begünstigt die ökonomische Nutzung einer Erfindung, es ist der Gesetz gewordene Wunsch, dass Erfinden sich lohnt.

Das Embryonenschutzgesetz dagegen erlaubt zwar die Forschung an embryonalen Stammzellen, schließt aber die ökonomische Verwertung aus. Der Bundestag wollte die Grundlagenforschung möglich machen und keinen neuen Geschäftszweig etablieren. Brüstle ist damit kein Erfinder im Sinne des Patentrechts. Er ist ein Forscher, der, und das ist gut so, Forschungsfreiheit genießt.

Hier hat aber auch das Patentamt für Unklarheit gesorgt. Es hat selber über Jahre hinweg keine ethischen Kriterien entwickelt, nach denen Patente vergeben oder verweigert werden sollen. Die Briefbombe sei nicht patentierbar, hieß es bei den Patentanwälten immer, jenseits der Briefbombe aber ging so ziemlich alles, was neu war, Erfindergeist verriet und ökonomisch nutzbar schien.

Das rächt sich jetzt, wo die Frage auftaucht, ob Pflanzen, Mäuse, Schafe, Menschenteile oder ganze Menschen patentierbar sind. Und weder Bundesrichter noch Patentanwälte wissen, ob sie eine Grenze ziehen sollen.

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