Spielfeldgrößen im Sport:Was lange fliegt, braucht reichlich Platz

Hamburger SV - Bayer Leverkusen

Das Fußballfeld gehört zu den größten Spielfeldern, welche die Forscher untersucht haben. Hier ist - wohl kaum überraschend - Teamplay und Zielfertigkeit gefragt. (Das Bild zeigt die Partie Hamburger SV gegen Bayer Leverkusen am 29. Bundesligaspieltag)

(Foto: dpa)

Wieso sind Spielfelder von manchen Sportarten größer als andere? Französische Physiker haben fleißig nachgerechnet - und kommen zu ebenso einfachen wie verblüffenden Erkenntnissen.

Von Hubert Filser

Es gibt Dinge im Alltag, die man nicht wirklich hinterfragt. Die Größe von Sportfeldern ist dafür ein gutes Beispiel. Vermutlich hätte, wenn die Frage zufälligerweise bei einer App wie Quizduell auftauchen würde, auch kaum jemand die passende Antwort parat. Wie lang ist eine Tischtennisplatte beispielsweise? Die Antwort: 2,74 Meter. Ein Squash-Platz? 9,75 Meter. Ein Badminton-Court? 13,40 Meter. Ein Tennisplatz? 23,77 Meter. Neben diesen krummen Werten haben die Herren und Damen der Normkommissionen beim Volleyball-Feld (18 Meter), Basketballfeld (28 Meter), Handballfeld (40 Meter) und Fußballplatz (105 Meter nach FIFA-Regeln) glatte Maße festgelegt.

Die meisten Sportfans dürften es bei diesen einfachen Informationen bewenden lassen, die in der Praxis allesamt auf empirischen Erfahrungen beruhen: die Spiele, die darauf basieren, sind technisch zu beherrschen und spannend anzuschauen. Doch französische Physiker um Baptiste Texier von der École Polytechnique in Paris haben die Größe der Spielfelder von dreizehn Sportarten nun systematisch analysiert.

Die 13-seitige, in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins New Journal of Physics erschienene Arbeit untersucht detailliert alle möglichen Einflüsse: die Anzahl der Spieler, die Art, Größe und das Gewicht des Balls und die Flugeigenschaften desselben. Das Ergebnis ist simpel wie verblüffend: Die Spielfeldgröße hängt von der maximalen Flugweite ab. Anders gesagt: Einen Fußball können Spieler rund 75 Meter weit schießen, einen Basketball aber nur rund 20 Meter weit werfen, also muss das Fußballfeld entsprechend größer sein.

Zusammenhang zwischen Größe des Spielfelds (L) und maximaler Flugweite des Balls (x)

Zusammenhang zwischen Größe des Spielfelds (L) und maximaler Flugweite des Balls (x)

(Foto: B.D. Texier, Ecole Polytechnique)

Badminton braucht wenig Platz, weil der Federball rasch an Tempo verliert

Alle anderen Faktoren wie die Mannschaftsgröße oder Taktik - etwa beim Fußball die Möglichkeit des attraktiven Kurzpassspiels in Verbindung mit variablem Umschaltspiel - sind, so die Analyse der Wissenschaftler, für die Anforderungen an das Spielfeld zweitrangig.

Nun könnte man sagen, dass man derlei Zusammenhänge schon geahnt habe, schließlich will keiner ständig sein Spielgerät jenseits der Abgrenzungen suchen und holen gehen. Doch in ihrer Arbeit haben die Physiker erstmals alle relevanten Werte erfasst und daraus Koeffizienten berechnet. Sie notieren Formeln, berechnen Flugbahnen und berücksichtigen Luftwiderstände.

So wird zum Beispiel ein Federball zwar mit 137 Meter pro Sekunde abgeschlagen, allerdings auch in der Luft nach seiner Beschleunigungsphase rapide abgebremst und fällt dann zu Boden - weshalb ein Badminton-Court eben nur 13,40 Meter brauche. Am Ende der Analyse steht die klare und abgesicherte Aussage: Das Spielfeld wird mit zunehmender Flugweite des Spielgeräts größer. Eine Ausnahme gibt es: Squash. Hier ist das Spielfeld erheblich kleiner als erwartet. Die Erklärung der Physiker: Da der Ball an die Wand gespielt wird, müsse man das Feld quasi verdoppeln.

Eine fast schon philosohische Erkenntnis

Diese Berechnungen erbrachten in der Gesamtschau dann noch eine überraschende, fast schon philosophische Erkenntnis. Bei manchen Sportarten ist das Spielfeld größer als die Rekordflugweite, dort drischt man den Ball also nicht von der Grundlinie ins Aus. Es sind Mannschaftssportarten wie Fußball und Handball, die auf ein Ziel, oft ein Tor, orientiert sind. Die Strategie der Teams sieht vor, das Sportgerät über mehrere Stationen am Gegner vorbei ins Ziel zu befördern. Bei Sportarten, wo die maximale Flugweite das Spielfeld übersteigt, wie bei Tischtennis, Volleyball oder Tennis, sind Präzision und Reaktionszeiten die entscheidenden Faktoren, zudem muss ein Hindernis überwunden werden, meist ein Netz. Und die Spieler dürfen oder müssen den Ball auch außerhalb des Spielfelds annehmen.

Das Verhältnis von Spielfeldgröße und Flugweite sagt etwas darüber aus, was bei der jeweiligen Sportart gefragt ist

Das Verhältnis von Spielfeldgröße und Flugweite sagt etwas darüber aus, was bei der jeweiligen Sportart gefragt ist

(Foto: B.D. Texier, Ecole Polytechnique)

Der Quotient birgt also größere Weisheiten. Die Wissenschaftler meinen, beide Spielkategorien seien durchaus metaphorisch für alles menschliche Tun zu sehen. Manche Aktivitäten gehen wir analytisch und deduktiv an, also Schritt für Schritt, andere wiederum eher schnell und intuitiv. Da sage noch einer, die Physik wüsste nichts über das Leben.

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