ZeitumstellungSpanien will nicht mehr an der Uhr drehen

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Schon wieder Zeitumstellung – braucht es die eigentlich noch?
Schon wieder Zeitumstellung – braucht es die eigentlich noch? (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)
  • Spaniens Premierminister Pedro Sánchez will die Zeitumstellung in der gesamten EU abschaffen, da angeblich 80 Prozent der Europäer dagegen sind.
  • Spanien liegt geografisch in der falschen Zeitzone, da Diktator Franco 1940 die Uhrzeit an Nazi-Deutschland anglich.
  • Die Sonne über Madrid erreicht ihren Höchststand erst am frühen Nachmittag, mehr als eine Stunde später als in Berlin.
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Spaniens Premierminister Pedro Sánchez fordert, den dauernden Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit abzuschaffen – in der gesamten EU. Dabei hat sein Land eigentlich ein ganz anderes Problem: Es liegt in der falschen Zeitzone.

Von Patrick Illinger, Madrid

Genauso regelmäßig, wie die Uhren im Frühjahr und Herbst umgestellt werden, kommt die Debatte auf: Braucht es wirklich die Stunde Unterschied zwischen Sommer und Winter? Nun hat sich Spaniens Premierminister Pedro Sánchez eingeschaltet. Er findet das dauernde Drehen an der Uhr sinnlos und will im EU-Rat dafür eintreten, Zeitumstellungen abzuschaffen.

Angeblich seien 80 Prozent der Europäerinnen und Europäer gegen das Zeitumstellen. Dabei bezieht sich der Premier, wie auch viele Medienberichte der vergangenen Jahre, auf eine vermeintliche Abstimmung im Jahr 2018, die tatsächlich nur auf einer offenen Webseite stattfand, auf der man seine Position anklicken konnte. Das war also alles andere als repräsentativ.

Nun mag es schon sein, dass in Spanien wie auch in Europa die Gegner der Umstellungen in der Mehrheit sind. Doch das führt unweigerlich zur Frage, was es denn auf Dauer sein soll: Winter- oder Sommerzeit? Bezeichnenderweise hat sich Premier Sánchez dazu nicht geäußert. Denn beides hat seine Nachteile.

Mit dauerhafter Sommerzeit müssten die Menschen monatelang bei kompletter Finsternis ihren Tag beginnen – in Spanien mehr noch als in Mitteleuropa. Dort geht im Oktober, am Ende des mitteleuropäischen Sommerzeitzyklus MESZ, die Sonne erst gegen halb neun Uhr morgens auf. Im Winter müsste man noch länger aufs Tageslicht warten. Im anderen Fall (dauerhafte Winterzeit) wären die sommerlich-sonnigen Abendstunden kürzer.

Tatsächlich hat Spanien ein ganz anderes Zeitproblem: Das Land liegt, geografisch gesehen, in der falschen Zeitzone. Obwohl am Westrand des europäischen Kontinents gelegen, gilt die gleiche Uhrzeit wie in Polen, Schweden und Deutschland. Pikanterweise geht das auf den einstigen Diktator Francisco Franco zurück, der 1940 beschloss, die Uhrzeit dem von ihm verehrten Nazi-Deutschland anzugleichen.

So kommt es, dass Briten, die nach Málaga reisen (was sie dank mehr als 30 täglichen Flugverbindungen ausgiebig tun) ihre Uhren um eine Stunde vorstellen müssen, obwohl sie einige Längengrade weiter westlich landen. Eine Zeitanpassung in die falsche Richtung sozusagen. Die Sonne über Madrid erreicht ihren Höchststand erst am frühen Nachmittag, mehr als eine Stunde später als in Berlin oder München.

Der verschobene Tagesrhythmus manifestiert sich auch im spanischen Alltag: Mittagslokale sind um 16 Uhr noch gut gefüllt, abends öffnen Restaurants frühestens um halb neun. Sich erst nach zehn Uhr zur cena, dem Abendessen, niederzulassen, wenn in Deutschland längst die Küchen gewischt werden, ist in Spanien völlig normal – anders als in Portugal übrigens, wo die Uhren der britischen Zeitzone GMT angepasst sind.

In Spanien argumentieren Gegner des Wechsels zwischen Winter- und Sommerzeit wie in Deutschland mit der körperlichen Belastung, die einem Jetlag ähnele. Über die Frage, wie gesund es ist, sich kurz vor Mitternacht Schinken, Tortilla und Lammkeulen zuzuführen, wird kaum diskutiert. Allerdings hätten Spanierinnen und Spanier in dieser Hinsicht gute Argumente: Ihre Lebenserwartung ist eine der höchsten unter den EU-Bürgern.

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