Spanien und Portugal:Nur die Golfplätze verdursten nicht

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Es ist eines der heißesten Jahre seit Jahrzehnten, und die Wettervorhersage hat sich zu einer Art Notstandsbericht entwickelt. Wie nie zuvor leiden Bauern unter der Dürre, doch am Mittelmeer wird das Wasser verschwendet.

Peter Burghardt

Am Mittwoch erwachte Madrid unter vereinzelten Schauern, es war wie ein Naturwunder nach Wochen bleierner Hitze. Auch in anderen Regionen Spaniens fielen ein paar Niederschläge, doch es blieben im Wortsinn Tropfen auf den heißen Stein.

Spanien und Portugal leiden unter extremer Trockenheit. (Foto: Foto: Reuters)

Seit Monaten überzieht meist blauer Himmel die Iberische Halbinsel, die Sonne brennt fast jeden Tag.

Die Temperaturen hatten zuletzt 40 Grad und mehr erreicht - es ist eines der heißesten Jahre seit Jahrzehnten, und die Wettervorhersage hat sich zu einer Art Notstandsbericht entwickelt. Selbst Gewitter sind vielfach trocken, die Wolken schicken nur Blitze und entzünden das Unterholz.

Frontberichterstatter schildern verheerende Waldbrände, aus Stauseen ragen lange überflutete Kirchtürme. Es gibt zu wenig Wasser und zu viel Feuer. Das schöne Wetter, von dem die Deutschen träumen, wird zum Problem.

Urlauber merken wenig davon - noch. Sie staunen allenfalls aus dem Flugzeug über braune Felder und schwarze Wälder, wenn sie die schneebedeckten Alpen hinter sich gelassen haben. Erste Beschränkungen betreffen allenfalls abgelegene Orte, auch werden Straßen weniger gespritzt als sonst.

Die hartnäckigste Dürre seit Beginn der modernen Meteorologie betrifft vorläufig hauptsächlich die spanische und portugiesische Landwirtschaft, die 80 Prozent des Wassers verschlingt.

Viele Bauern hatten schon unter dem frostigen Winter gelitten, jetzt beklagen sie Ernteausfälle in Milliardenhöhe und hoffen auf Beistand der Europäischen Union.

Spaniens Tourismusindustrie dagegen freut sich auf Rekorde, sie rechnet in diesem Jahr mit mehr als 50 Millionen Besuchern. Feriengäste aus aller Welt liegen in begrünten Anlagen an Meer und Pool, spielen Golf und duschen. Aber das ist Teil der Misere.

Wasser ist spottbillig

Hinter der Krise steckt außer ungewöhnlicher Trockenheit auch eine ungewöhnliche Verschwendung. In Portugal und Andalusien verdunstet die Hälfte des Trinkwassers in undichten Leitungssystemen.

Im Jetsetparadies Marbella verbrauchen die Einwohner täglich 400 Liter Wasser pro Kopf, das spanische Wasser ist mit 1,10 Euro pro Kubikmeter ja spottbillig. Überhaupt bedeutet Fortschritt die gnadenlose Ausbeutung der Umwelt.

Spanien baut mehr als Deutschland und Frankreich zusammen, selbst an den Resten jungfräulicher Küste wachsen Zehntausende Wohnungen. Sie drängen sich zu so genannten Urbanizaciones, gleichförmigen Siedlungen, daneben entstehen gewöhnlich Golfplätze. An die 300 gibt es bereits, weitere 200 sind geplant.

Sie steigern den Wert der Immobilien, aber benötigen nach Rechnung der Zeitung El Mundo jährlich den Inhalt von je 370 olympischen Schwimmbädern. "Spanien ist dabei zu verdursten, nur ein Fitzelchen des Landes ist nicht betroffen, die Golfplätze", empört sich das Blatt.

Man lebt auf Pump

Besonders krass ist der Kontrast in der Region Murcia, wo sich die saftig grünen Wiesen von der wüstenähnlichen Umgebung abheben. Der Wasserverbrauch übersteigt das eigene Wasservorkommen dort um das Doppelte - die Differenz wird unterirdischen, oft geheimen Reserven entzogen. Man lebt auf Pump, ein latinisches Phänomen.

"Es ist, als ob eine Familie 2000 Euro im Monat verdient, aber 4000 Euro ausgibt", sagt die Ökologin Julia Maria Fernandez.

Entsprechend lautstark kämpft das rechtskonservativ regierte Murcia für eine Umleitung des Flusses Ebro nach Süden, was die sozialistische Zentrale ablehnt.

Auch die Gewächshäuser um Almeria versorgen sich auf 60.000 Hektar aus Grundwasser und dem abnehmenden Schmelzwasser der Sierra Nevada.

Nur 30 Jahre liegen zwischen diesen beiden Satellitenfotos, auf denen die südspanische Provinz Almeria zu sehen ist. (Foto: N/A)

Ihr blühendes Plastikmeer zwischen verdörrtem Land ist sogar auf Satellitenbildern zu sehen und zeigt, wie dramatisch sich die Gegend in 30 Jahren verändert hat. Der Treffpunkt von Europa und Afrika versteppt.

Ein zukunftsträchtiges Gegenmodell fehlt. Früher wurde der zunehmende Bedarf mit neuen Stauseen gedeckt, nirgendwo sonst ist deren Dichte so hoch wie in Spanien. Doch der Wasserstand sinkt und sinkt, im Inland Kataloniens liegt er bei kaum mehr 25 Prozent.

Gas statt Wasser

Die Flüsse führen immer weniger Wasser, Spaniens Duero liefert Portugals Douro weniger als vereinbart. Bei Jaen lassen verzweifelte Olivenbauern bis zu tausend Meter tief nach Wasser bohren, als ginge es um Bodenschätze.

Manchmal treffen sie dabei auf Erdgas oder Öl, kürzlich kam einem Förderunternehmen eine Stichflamme entgegen.

Anderswo setzen Experten auf Entsalzungsanlagen, Meerwasser gibt es ja reichlich - und hoffen auf höhere Mächte.

Gläubige bitten mit Prozessionen um dunkle Wolken. "Ab September", sagt auch Joan Corominas von der andalusischen Wasseragentur, "wird man um Regen beten müssen." Die weiteren Aussichten für Madrid: 35 Grad, Sonne.

© SZ vom 11.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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